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Esther Junghans mit ElektrorollstuhlTrier: Esther Junghans lebt seit vielen Jahren mit persönlicher Assistenz und weiß, was das bedeutet und auch, wie schwierig es zuweilen ist, gute Assistent*innen zu finden. Daher wirbt sie für diesen Beruf und auch für eine faire Bezahlung der Assistenzkräfte. So berichtete beispielsweise der in Trier erscheinende Volksfreund am 14. Februar 2022 über Esther Junghans und die Persönliche Assistenz. Dies ist für das NETZWERK ARTIKEL 3 eine gute Nachricht zur Inklusion. Ottmar Miles-Paul sprach mit Esther Junghans darüber, wie sie die Herausforderung eines Umzugs von München nach Trier mit persönlicher Assistenz geschafft hat und was ihr wichtig ist.

"Persönliche Assistenz bedeutet, 24 Stunden für körperlich beeinträchtigte Menschen da zu sein. Dass trotz mäßiger Bezahlung aus diesem Beruf eine Berufung werden kann, erzählen zwei Betroffene", so heißt es zur Einführung in den Bericht der Journalistin Karin Pütz über Esther Junghans und ihre Assistentin, der am 14. Februar 2022 im in Trier erscheinenden Volksfreund mit dem Titel veröffentlicht wurde "Arme und Beine für jemand anderen sein: So läuft die Arbeit einer persönlichen Assistentin aus Trier". Esther Junghans berichtet dabei zusammen mit ihrer Assistentin, was Persönliche Assistenz bedeutet. Dabei werben die beiden für diesen Beruf und die Nutzung Persönlicher Assistenz.

Link zum Beitrag im Volksfreund über Esther Junghans und ihre Assistentin

Nach Erscheinen dieses Berichtes führte Ottmar Miles-Paul folgendes Interview mit Esther Junghans:

Ottmar Miles-Paul: Für Sie ist ein Leben mit Persönlicher Assistenz ja nichts neues. Wie lange nutzen Sie schon Persönliche Assistenz und welche Unterstützungen benötigen Sie?

Esther Junghanns: Ich lebe seit 15 Jahren mit persönlicher Assistenz. Meine Unterstützung erstreckt sich über den ganzen Tag, angefangen vom Aufstehen, während der Arbeitszeit bis hin zu Freizeit und zur Unterstützung im Haushalt. 2007/2008 hatte ich einen Pflegedienst, der die administrativen Dinge, die das Leben mit Assistenz so mit sich bringt, für mich übernommen hat. So konnte das gesamte Team ins Arbeitgebermodell wechseln.

Ottmar Miles-Paul: Never change a running system lautet ja ein berühmter Spruch. Sie haben es gewagt, von München nach Trier umzuziehen und sozuagen in Sachen Assistenz an einem anderen Ort ganz neu anzufangen. Wie hat das mit der Antragstellung und vor allem mit der Suche nach Assistent*innen geklappt?

Esther Junghanns: Als der Wunsch, nach Trier zu ziehen, in mir und meinem Mann fertig gereift war und der Entschluss feststand, vereinbarte ich mit den Abteilungen, die mein Budget bezahlen (Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe) einen Termin zur persönlichen Vorsprache damit wir uns gegenseitig kennenlernten. Innerhalb von acht Wochen war nach dem persönlichen Gespräch der positive Bescheid über die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets da. Schon in München schaltete ich Stellenanzeigen. Da ich in München einen Engpass hatte, war eine potenzielle Assistentin bereit, schon in München bei mir zu arbeiten, die dann mit mir nach Trier wechselte. Immer wenn wir vor dem Umzug nach Hause zu meiner Familie fuhren, hatte ich Vorstellungsgespräche, sodass am 1. November 2019 das Team von vier Vollzeitkräften seine Arbeit aufnahm.

Ottmar Miles-Paul: In einem Bericht des Trierer Volksfreund werben Sie zusammen mit Ihrer Persönlichen Assistentin für den Beruf der Persönlichen Assistenz und ein selbstbestimmtes Leben mit Persönlicher Assistenz. Wie schwer ist es momentan gute Assistent*innen zu finden?

Esther Junghanns: Momentan empfinde ich es als sehr schwer, Assistenten zu finden. Zum einen liegt es daran, dass der Beruf der persönlichen Assistenz bundesweit im Niedriglohnsektor gezahlt wird. Zum anderen ist der Beruf der persönlichen Assistenz bei nicht Betroffenen weitgehend unbekannt.

Ottmar Miles-Paul: Welche Möglichkeiten und Grenzen bietet Ihnen die Unterstützung durch die Persönliche Assistenz im Vergleich zum Leben in einer Wohngruppe oder einer sogenannten besonderen Wohnform?

Esther Junghanns: Ich kann meinen Tagesablauf mit der diensthabenden Assistenz gestalten, wie es für mich passt. Ich mache das in der Regel mit der diensthabenden Assistenz zusammen, denn um aktiv zu sein, benötige ich immer Unterstützung der anderen Person. In der sogenannten "besonderen Wohnform“ muss ich die diensthabenden Mitarbeiter*innen immer mit anderen teilen. Hier zieht immer einer den Kürzeren.

Ottmar Miles-Paul: Wenn Sie zwei Wünsche frei hätten, welche wären das?

Esther Junghanns: Ich wünsche mir, dass Menschen mit Behinderungen in allen Bundesländern, also auch in meiner Heimat, dem Saarland, ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Mein zweiter Wunsch wäre die Anerkennung des Berufes der persönlichen Assistenz mit fairer Bezahlung.

Ottmar Miles-Paul: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg bei Ihrem selbstbestimmten Leben.

Link zum Bericht vom 14. Februar 2022 im in Trier erscheinenden Volksfreund über Esther Junghans und den Beruf der Persönlichen Assistenz