Gesetz für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung behinderter Menschen im Land Sachsen-Anhalt

(Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG LSA)

Vom 20. November 2001
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter und nichtbehinderter Menschen in Sachsen-Anhalt vom 20. November 2001 (GVBl. LSA S. 457)
zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. Dezember 2004 (GVBl. LSA S. 856)

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Ziel des Gesetzes
§ 2 Begriffsbestimmungen
§ 3 Diskriminierungs- und Benachteiligungsverbot
§ 4 Gemeinsame Verantwortung
§ 5 Leitlinien für Hilfen, Dienste und Einrichtungen
§ 6 Planung, Koordination und Beratung

Abschnitt 2 Interessenvertretung für die Gleichstellung behinderter Menschen

§ 7 Die oder der Beauftragte der Landesregierung für die Belange behinderter Menschen
§ 7 a Kommunale Behindertenbeauftragte
§ 8 Aufgaben und Zusammenarbeit
§ 9 Beteiligung und Verfahren
§ 10 Befugnisse
§ 11 Anrufungsrecht
§ 12 Verschwiegenheitspflicht
§ 13 Runder Tisch für behinderte Menschen
§ 14 Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt

Abschnitt 3 Rechte behinderter Menschen

§ 15 Akteneinsicht
§ 16 Deutsche Gebärdensprache
§ 17 Klagerecht
§ 18 Grundsätzliche Aufgaben

Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Ziel des Gesetzes

(1) Ziel des Gesetzes ist die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen und Chancengleichheit für alle Menschen, die Umsetzung des Benachteiligungsverbots, die Verhinderung von Diskriminierung behinderter Menschen sowie die Vermeidung und der Abbau von Barrieren.
(2) Das Gesetz zielt darauf ab, dass behinderten Menschen die Entfaltung ihrer Persönlichkeit, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die Teilnahme am Erwerbsleben und die selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht wird.
(3) Geschlechtsspezifische Diskriminierungen und Benachteiligungen behinderter Menschen sind abzubauen und zu verhindern.
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§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Behinderte Menschen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen mit einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, seelischen oder geistigen Schädigung oder Funktionsbeeinträchtigung, die von Maßnahmen, Verhältnissen oder Verhaltensweisen von Staat und Gesellschaft betroffen sind, die ihre Lebensmöglichkeiten beschränken oder erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten.
(2) Eine Diskriminierung im Sinne dieses Gesetzes ist jede nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Maßnahmen und Regelungen des Staates oder der Gesellschaft. Nicht gerechtfertigt ist eine Ungleichbehandlung, wenn sie ausschließlich oder überwiegend auf Umständen beruht, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ist nicht gegeben, wenn eine Berücksichtigung der Behinderung der Sache nach unverzichtbar geboten oder zur Wahrung der Interessen des behinderten Menschen erforderlich ist.
(3) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Regelungen oder Maßnahmen des Staates oder der Gesellschaft behinderte Menschen schlechter stellen als nichtbehinderte Menschen. Eine Benachteiligung ist auch dann gegeben, wenn ein Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme ausreichend ausgeglichen wird.
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§ 3 Diskriminierungs- und Benachteiligungsverbot

(1) Behinderte Menschen haben einen Anspruch auf eine ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, eine gleiche Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung. Sie dürfen nicht durch die öffentliche Gewalt oder durch das Tun oder Unterlassen von Staat und Gesellschaft diskriminiert oder benachteiligt werden.
(2) Behinderte Menschen haben Anspruch auf Verhinderung und Beseitigung von diskriminierenden und benachteiligenden Maßnahmen und Regelungen.
(3) Machen behinderte Menschen eine Diskriminierung durch die öffentliche Verwaltung oder durch juristische Personen des öffentlichen Rechts geltend, so obliegt diesen die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Diskriminierung.
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§ 4 Gemeinsame Verantwortung

(1) Die Gleichstellung von behinderten und nichtbehinderten Menschen und die Eingliederung von behinderten Menschen ist eine Aufgabe des Staates und der Gesellschaft.
(2) Das Land und die kommunalen Körperschaften, deren Behörden und Dienststellen sowie Betriebe und Unternehmen, an denen das Land oder die kommunalen Körperschaften beteiligt sind, sind im Rahmen ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgaben verpflichtet, aktiv darauf hinzuwirken, dass die in § 1 festgehaltenen Ziele erreicht werden.
(3) Die Verpflichtung des Absatzes 2 trifft auch Stiftungen, Anstalten und die übrigen Körperschaften des öffentlichen Rechts des Landes Sachsen-Anhalt.
(4) Empfänger öffentlicher Zuwendungen und institutionelle Empfänger sonstiger öffentlicher Leistungen sind nach Maßgabe der jeweils geltenden haushalts- und förderrechtlichen Bestimmungen zu verpflichten, sich für die Förderung im Sinne der in § 1 festgehaltenen Ziele einzusetzen.
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§ 5 Leitlinien für Hilfen, Dienste und Einrichtungen

(1) Hilfen, Dienste und Einrichtungen für behinderte Menschen haben sich am Bedarf der Betroffenen zu orientieren. Dabei ist zu gewährleisten, dass sie die Selbständigkeit von behinderten Menschen in ihrer Lebensführung so weit wie möglich unterstützen, von ihnen selbst organisierte Hilfeformen ermöglichen und die Zielsetzung der Integration behinderter Menschen in die Gesellschaft so weit wie möglich fördern. Auf geschlechtsspezifische Anforderungen ist besonders Rücksicht zu nehmen. Das gesetzlich vorgesehene Wunsch- und Wahlrecht der Hilfebedürftigen und ihrer Sorgeberechtigten ist zu beachten.
(2) Notwendige Hilfen, Dienste und Einrichtungen für behinderte Menschen sind möglichst bürgernah vorzuhalten. Qualitätsgerechte Maßnahmen und Leistungen sind sicherzustellen.
(3) Bei der Ausgestaltung familienergänzender und schulbegleitender Angebote der Jugendhilfe sowie spezieller Angebote der Jugendförderung ist integrativen Formen Vorrang einzuräumen.
(4) Maßnahmen der Prävention und Rehabilitation haben Vorrang vor sonstigen Hilfen.
(5) Die berufliche Integration und Beschäftigung von behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hat Vorrang vor sonstigen Arbeits- und Beschäftigungsangeboten der Behindertenhilfe.
(6) Angebote des selbständigen Wohnens mit abgestuftem Betreuungsangebot (betreutes Wohnen) haben Vorrang vor vollstationären Betreuungsformen. Behinderte Menschen, denen die erforderlichen Hilfen in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung zu gewähren sind, erhalten diese Hilfen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Behinderte beziehungsweise der Jugendhilfe.
(7) Aufklärung über und Abbau von Diskriminierungen gehört zu den wichtigsten pädagogischen Inhalten in der Förderung und Betreuung von Kindern im Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts.
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§ 6 Planung, Koordination und Beratung

(1) Hilfen, Dienste und Einrichtungen für behinderte Menschen sollen so geplant und aufeinander abgestimmt werden, dass sie im Einzelfall bedarfsgerecht zur Verfügung stehen.
(2) Werden im Einzelfall Maßnahmen erforderlich, für die unterschiedliche Leistungsträger zuständig sind, sollen die notwendigen Maßnahmen in einem Hilfeplan zusammengefasst werden. Dieser soll die einzelnen Maßnahmen entsprechend den Zielen im Sinne von § 1 und den jeweiligen fachlichen und rechtlichen Erfordernissen ausweisen. Die Aufstellung des Hilfeplanes obliegt demjenigen Leistungsträger, dessen Leistungsanteile überwiegen.
(3) Alle zuständigen Behörden und Dienststellen unterrichten und beraten behinderte Menschen sowie deren Angehörige oder sonstige ihnen Hilfe leistenden Personen umfassend über die für sie in Betracht kommenden Hilfen, Dienste und Einrichtungen.
(4) Verbände und Selbsthilfegruppen behinderter Menschen einschließlich Interessenvertretungen behinderter Menschen sowie Verbände der freien Wohlfahrtspflege werden mit Einverständnis der behinderten Menschen an der Beratung beteiligt.
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Abschnitt 2 Interessenvertretung für die Gleichstellung behinderter Menschen

§ 7 Die oder der Beauftragte der Landesregierung für die Belange behinderter Menschen

(1) Zur Wahrung der Interessen behinderter Menschen, insbesondere der Durchsetzung der Gleichstellung behinderter und nichtbehinderter Menschen im Land Sachsen-Anhalt, soweit diese nicht durch die auf Landesebene tätigen Interessenvertretungen erfolgt, beruft die Landesregierung auf Vorschlag des zuständigen Ministeriums im Benehmen mit dem Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen. Die Berufung erfolgt für die Dauer von vier Jahren; eine erneute Berufung ist zulässig. Die oder der Landesbeauftragte trägt die Bezeichnung "Beauftragte/Beauftragter der Landesregierung von Sachsen-Anhalt für die Belange behinderter Menschen"; sie oder er und ihre oder seine Geschäftsstelle sind an herausgehobener Stelle in das zuständige Ministerium eingebunden. Das zuständige Ministerium beruft mit Zustimmung der Landesregierung eine Vertretung für den Fall der Abwesenheit der oder des Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen. Die Berufung erfolgt ebenfalls für die Dauer von vier Jahren; eine erneute Berufung ist zulässig.
(2) Die Landesregierung stellt der oder dem Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen die für die Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben nach § 8 notwendige Personal- und Sachausstattung nach Maßgabe des Haushaltsplanes zur Verfügung.
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§ 7 a Kommunale Behindertenbeauftragte

Zur Verwirklichung der Gleichstellung behinderter Menschen sowie zu ihrer Einbeziehung in kommunale Entscheidungsprozesse haben die kreisfreien Städte und die Landkreise bis zum 30. Juni 2005 eine Behindertenbeauftragte oder einen Behindertenbeauftragten zu bestellen. Das Nähere regelt die Hauptsatzung.
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§ 8 Aufgaben und Zusammenarbeit

(1) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen regt im Land zu Maßnahmen an, die darauf gerichtet sind, Benachteiligungen und Diskriminierungen von behinderten Menschen abzubauen oder ihrem Entstehen entgegenzuwirken. Die oder der Landesbeauftragte tritt dafür ein, dass dem Benachteiligungsverbot gemäß Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und gemäß Artikel 7 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt sowie den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zugunsten behinderter Menschen, insbesondere den Vorschriften dieses Gesetzes, im Sinne des Artikels 38 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt im Land Rechnung getragen wird. Näheres regelt das zuständige Ministerium.
(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 arbeitet die oder der Landesbeauftragte insbesondere mit
1. den Fachministerien,
2. dem Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt,
3. den auf Landesebene tätigen Interessenvertretungen von behinderten Menschen,
4. den Tarifparteien und
5. den kommunalen Behindertenbeauftragten
zusammen.
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§ 9 Beteiligung und Verfahren

(1) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen ist, soweit die Belange von behinderten Menschen in besonderem Maße betroffen sind, an Verfahren der Gesetz- und Verordnungsgebung sowie bei der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften frühzeitig zu beteiligen. Ist die oder der Landesbeauftragte der Auffassung, dass der vorgelegte Entwurf mit dem Ziel einer besseren Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen zu überarbeiten ist, gibt sie oder er eine entsprechende Stellungnahme ab, die konkrete Regelungen vorschlagen kann. Wird der Stellungnahme abschließend nicht oder nur teilweise gefolgt, ist dies der oder dem Landesbeauftragten unverzüglich unter Angabe einer Begründung schriftlich mitzuteilen.
(2) Erlangt die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen Kenntnis von Vorhaben der Gesetz- oder Verordnungsgebung oder der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften, ohne nach Absatz 1 Satz 1 beteiligt worden zu sein, so kann sie oder er, wenn es ihr oder ihm sachdienlich erscheint, eine Stellungnahme nach Absatz 1 Satz 2 abgeben. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
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§ 10 Befugnisse

(1) Erlangt die oder der Landesbeauftragte Kenntnis von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass behinderte Menschen diskriminiert oder benachteiligt werden, so klärt sie oder er in Zusammenarbeit mit den zuständigen öffentlichen Stellen und Einrichtungen den Sachverhalt auf. Hierzu kann sie oder er mit Zustimmung des behinderten Menschen insbesondere Berichte und Stellungnahmen anfordern, Auskünfte einholen und Akten einsehen.
(2) Zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach Absatz 1 und § 8 Abs. 1 hat die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen mit vorheriger Zustimmung der oder des Betroffenen insbesondere das Recht, bei öffentlichen Stellen und Einrichtungen Auskünfte einzuholen und Akteneinsicht zu nehmen, sofern dies im Zusammenhang mit einer glaubhaft gemachten Diskriminierung oder Benachteiligung von behinderten Menschen steht und Rechte Dritter hierdurch nicht verletzt werden. Wird die Auskunft oder die Akteneinsicht verweigert, so hat die öffentliche Stelle oder Einrichtung dies der oder dem Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen unverzüglich, unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen. Für Streitigkeiten, die sich aus der Verweigerung der Auskunft oder der Akteneinsicht ergeben, steht der Verwaltungsrechtsweg offen.
(3) Darüber hinaus kann die oder der Landesbeauftragte mit Zustimmung der Beteiligten eine Anhörung durchführen. Die Anhörung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Über den Antrag eines der Beteiligten, die Öffentlichkeit im Einzelfall zuzulassen, entscheidet die oder der Landesbeauftragte nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die im Einzelfall beteiligten öffentlichen Stellen und Einrichtungen sind verpflichtet, eine Vertreterin oder einen Vertreter zu einer Anhörung nach Satz 1 zu entsenden.
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§ 11 Anrufungsrecht

(1) Jede oder jeder hat das Recht, sich mit Bitten, Beschwerden oder Anregungen an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen zu wenden, wenn sie oder er der Ansicht ist, dass gegen die Rechte von behinderten Menschen verstoßen oder ihren Belangen auf andere Weise nicht entsprochen wird. Das Petitionsrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes und Artikel 19 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bleibt unberührt. Ist die oder der Landesbeauftragte im Einzelfall der Ansicht, dass eine Behandlung der Angelegenheit im Petitionswege sachdienlich ist, so kann sie oder er die an sie oder ihn herangetragene Bitte oder Beschwerde dem Ausschuss für Petitionen des Landtages von Sachsen-Anhalt zuleiten. Die Zuleitung bedarf der Zustimmung der oder des Betroffenen. Die Sätze 3 und 4 gelten in denjenigen Fällen entsprechend, in denen eine Zuständigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages gegeben ist. Im Übrigen bleibt Artikel 17 des Grundgesetzes unberührt.
(2) Niemand darf gemaßregelt, benachteiligt oder bevorzugt werden, wenn er sich an die oder den Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen des Landes Sachsen-Anhalt wendet.
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§ 12 Verschwiegenheitspflicht

(1) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen hat, auch nach Beendigung ihrer oder seiner Tätigkeit, über die ihr oder ihm bei ihrer beziehungsweise seiner Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(2) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen darf ohne Einwilligung über Angelegenheiten nach Absatz 1 Satz 1 weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Einwilligung erteilt das zuständige Ministerium.
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§ 13 Runder Tisch für behinderte Menschen

(1) Bei dem zuständigen Ministerium wird ein Runder Tisch für behinderte Menschen eingerichtet. Die Tätigkeit des Runden Tisches ist unabhängig und überparteilich. Sie ist auf eine Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe behinderter Menschen am Leben gerichtet. Zu diesem Zweck greift der Runde Tisch eigenständig Themen auf und erarbeitet Beschlussempfehlungen für den Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt.
(2) Leitung und Geschäftsführung des Runden Tisches werden durch die Beauftragte oder den Beauftragten der Landesregierung von Sachsen-Anhalt für die Belange behinderter Menschen wahrgenommen. Der Runde Tisch gibt sich eine Geschäftsordnung. Weitere Regelungen trifft das zuständige Ministerium.
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§ 14 Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt

(1) Bei dem zuständigen Ministerium wird ein Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt eingerichtet. Er berät die Landesregierung unabhängig und überparteilich in allen Angelegenheiten, die für die Belange behinderter Menschen von Bedeutung sind. Vorsitz und Geschäftsführung werden durch die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen wahrgenommen.
(2) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt besteht aus 16 stimmberechtigten Mitgliedern nach Absatz 3, der oder dem stimmberechtigten Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen und aus sachverständigen, nicht stimmberechtigten Mitgliedern nach Absatz 4.
(3) Der Runde Tisch für behinderte Menschen schlägt der zuständigen Ministerin oder dem zuständigen Minister 16 stimmberechtigte Mitglieder und deren Vertreterinnen oder Vertreter vor. Bei der Auswahl der Vorschläge ist dafür Sorge zu tragen, dass
1. eine möglichst umfassende Vertretung von Menschen mit unterschiedlichen Arten der Behinderung sichergestellt ist und
2. Frauen und Männer in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander vertreten sind.
Die zuständige Ministerin oder der zuständige Minister beruft die stimmberechtigten Mitglieder und ihre Vertreterinnen oder Vertreter für die Dauer von vier Jahren. Eine erneute Berufung ist zulässig.
(4) Folgende Institutionen schlagen der zuständigen Ministerin oder dem zuständigen Minister jeweils ein sachverständiges Mitglied ohne Stimmrecht und dessen Vertreterin oder Vertreter vor:
1. die auf Landesebene tätigen
a) Verbände und Vereinigungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
b) Verbände und Vereinigungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber,
c) Arbeitsgemeinschaften von Schwerbehindertenvertretungen der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes,
2. die Bundesanstalt für Arbeit,
3. die LIGA der freien Wohlfahrtspflege,
4. die Architektenkammer,
5. die für die Belange behinderter Menschen maßgeblichen Ressorts und
6. die sonstigen Dienststellen des Landes.
Absatz 3 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.
(5) Die Mitglieder des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt und ihre Vertreterinnen oder Vertreter üben ihr Mandat unabhängig von ihrer sonstigen Tätigkeit aus. Sie werden ehrenamtlich oder, sofern sie kraft Amtes dem Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt angehören, im Rahmen ihrer Dienstpflichten tätig.
(6) Aus wichtigem Grund kann ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied auf Vorschlag der für die Benennung zuständigen Stelle vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden.
(7) Vertreterinnen und Vertreter der im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretenen Fraktionen haben das Recht, an den Sitzungen des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt als Gäste teilzunehmen. Den Fraktionen werden der Sitzungstermin und die vorgesehene Tagesordnung spätestens vier Wochen vor der Sitzung mitgeteilt.
(8) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung bedarf zu ihrem Wirksamwerden der Zustimmung des zuständigen Ministeriums.
(9) Weitere Regelungen trifft das zuständige Ministerium.
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Abschnitt 3 Rechte behinderter Menschen

§ 15 Akteneinsicht

(1) Jeder behinderte Mensch hat entsprechend den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts bei öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt das Recht zur Akteneinsicht.
(2) Das Recht gemäß Absatz 1 steht auch Vereinen und Verbänden zu, soweit sie Aufgaben zur Unterstützung der behinderten Menschen wahrnehmen und die Zustimmung der Betroffenen beziehungsweise deren gesetzlichen Vertreter vorliegt.
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§ 16 Deutsche Gebärdensprache

(1) Gehörlose, Hörbehinderte und Stumme haben das Recht, sich gegenüber den öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt entsprechend § 186 des Gerichtsverfassungsgesetzes dann der deutschen Gebärdensprache zu bedienen, wenn dies auch mündlich in der deutschen Lautsprache gestattet wäre. Machen sie von diesem Recht Gebrauch, so hat dies dieselben Wirkungen, wie wenn sie sich der deutschen Lautsprache bedienten. Die Behörden haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des Bedarfs die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
(2) Für hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen und im gemeinsamen Unterricht an den allgemeinen Schulen Sachsen-Anhalts wird der Unterricht in Laut- und Schriftsprache unter Einbeziehung lautsprachlicher Gebärden und der deutschen Gebärdensprache entsprechend dem sonderpädagogischen Förderbedarf erteilt.
(3) Im Rahmen der sonderpädagogischen Schwerpunktgestaltung an den Sonderschulen wird die deutsche Gebärdensprache den hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern entsprechend ihrem sonderpädagogischen Förderbedarf vermittelt. Für die Vermittlung der Gebärdensprache werden entsprechend ausgebildete Lehrkräfte eingesetzt.
(4) Lehrkräfte der sonderpädagogischen Beratungsstellen sind in erforderlichem Umfang zu qualifizieren. Die sonderpädagogische Begleitung bezieht die Beratung und Anleitung der Lehrkräfte der allgemeinen Schulen ein.
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§ 17 Klagerecht

(1) Den auf Landesebene tätigen Interessenverbänden der behinderten Menschen steht, ohne die Verletzung der eigenen Rechte darlegen zu müssen, der Verwaltungsrechtsweg offen, wenn sie geltend machen, dass durch Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung die Rechte behinderter Menschen nach diesem Gesetz verletzt werden.
(2) Werden behinderte Menschen in ihren Rechten nach diesem Gesetz verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung behinderte Menschen auf Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Falle müssen Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.
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§ 18 Grundsätzliche Aufgaben

In den Gesetzgebungsverfahren sowie bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes sind vor Verabschiedung beziehungsweise Erlass die Auswirkungen auf behinderte Menschen beziehungsweise die Sicherung der Gleichstellung behinderter Frauen und Männer zu überprüfen.
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