RICHTLINIE 2002/22/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 7. März 2002
über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie)

Artikel 1 Anwendungsbereich und Ziele
Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Artikel 6 Öffentliche Münz- und Kartentelefone
Artikel 7 Besondere Maßnahmen für behinderte Nutzer
Artikel 11 Dienstqualität benannter Unternehmen
Artikel 33 Anhörung Betroffener

Artikel 1 Anwendungsbereich und Ziele

(1) Innerhalb des Rahmens der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) betrifft diese Richtlinie die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste für Endnutzer. Sie zielt ab auf die Gewährleistung der Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt und regelt gleichzeitig die Fälle, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können.

(2) Diese Richtlinie begründet die Rechte der Endnutzer und die entsprechenden Pflichten von Unternehmen, die öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitstellen. Im Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes in einem Umfeld mit offenen und wettbewerbsorientierten Märkten legt die Richtlinie das Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität fest, zu denen alle Endnutzer unter Berücksichtigung der spezifischen nationalen Gegeben- heiten zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben. Diese Richtlinie enthält auch Verpflichtungen bezüglich der Bereitstellung bestimmter Pflichtdienste wie der Bereitstellung von Mietleitungen für Endnutzer.

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Artikel 2 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie). Darüber hinaus gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) .öffentliches Münz- oder Kartentelefon.: ein der Allgemeinheit zur Verfügung stehendes Telefon, für dessen Nutzung als Zahlungsmittel unter anderem Münzen, Kredit-/Abbuchungskarten oder Guthabenkarten, auch solche mit Einwahlcode, verwendet werden können;
b) .öffentliches Telefonnetz.: ein elektronisches Kommunikationsnetz, das zur Bereitstellung öffentlich zugänglicher Telefondienste genutzt wird; es ermöglicht die Übertragung gesprochener Sprache zwischen Netzabschlusspunkten sowie andere Arten der Kommunikation wie Telefax- und Datenübertragung;
c) .öffentlich zugänglicher Telefondienst.: ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlands- und Auslandsgesprächen und für Notrufe über eine oder mehrere Nummern in einem nationalen oder internationalen Telefonnummernplan; gegebenenfalls kann der Dienst zusätzlich einen oder mehrere der folgenden Dienste einschließen: die Unterstützung durch Vermittlungspersonal, Auskunftsdienste, Teilnehmerverzeichnisse, die Bereitstellung öffentlicher Münz- oder Kartentelefone, die Erbringung des Dienstes gemäß besonderen Bedingungen und die Bereitstellung besonderer Einrichtungen für Kunden mit Behinderungen oder besonderen sozialen Bedürfnissen und/oder die Bereitstellung geografisch nicht gebundener Dienste;
d) .geografisch gebundene Nummer.: eine Nummer des nationalen Nummernplans, bei der ein Teil der Ziffernfolge einen geografischen Bezug hat, der für die Leitwegbestimmung von Anrufen zum physischen Standort des Netzabschlusspunktes benutzt wird;
e) .Netzabschlusspunkt.: der physische Punkt, an dem einem Teilnehmer der Zugang zu einem öffentlichen Kommunikationsnetz bereitgestellt wird; in Netzen, in denen eine Vermittlung oder Leitwegbestimmung erfolgt, wird der Netzabschlusspunkt anhand einer bestimmten Netzadresse bezeichnet, die mit der Nummer oder dem Namen eines Teilnehmers verknüpft sein kann;
f) .geografisch nicht gebundene Nummer.: eine Nummer des nationalen Nummernplans, bei der es sich nicht um eine geografisch gebundene Nummer handelt; dieser Begriff erfasst unter anderem die Nummern für Mobiltelefone, gebührenfreie Dienste und Sonderdienste mit erhöhtem Tarif.

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Artikel 6 Öffentliche Münz- und Kartentelefone

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden den Unternehmen Verpflichtungen auferlegen können, mit denen sichergestellt wird, dass öffentliche Münz- oder Kartentelefone bereitgestellt werden, um die vertretbaren Bedürfnisse der Endnutzer hinsichtlich der geografischen Versorgung, der Zahl der Telefone, der Zugänglichkeit derartiger Telefone für behinderte Nutzer und der Dienstqualit ät zu erfüllen.
(2) Ein Mitgliedstaat stellt sicher, dass seine nationale Regulierungsbeh örde aufgrund einer Anhörung Betroffener gemäß Artikel 33 entscheiden kann, die Verpflichtungen nach Absatz 1 in seinem gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil davon nicht vorzuschreiben, wenn er diese Dienstmerkmale oder vergleichbare Dienste als weithin verfügbar erachtet.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Notrufe von öffentlichen Münz- und Kartentelefonen mit der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 und anderen nationalen Notrufnummern kostenlos und ohne Verwendung eines Zahlungsmittels durchgeführt werden können.

Artikel 7 Besondere Maßnahmen für behinderte Nutzer

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen gegebenenfalls besondere Maßnahmen für behinderte Endnutzer, um den Zugang zu öffentlichen Telefondiensten, einschließlich Notruf- und Auskunftsdiensten sowie Teilnehmerverzeichnissen, und deren Erschwinglichkeit sicherzustellen, wobei dieser Zugang dem den anderen Endnutzern eingeräumten Zugang gleichwertig sein muss.

(2) Die Mitgliedstaaten können angesichts der nationalen Gegebenheiten besondere Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass behinderte Endnutzer auch die Wahlmöglichkeit zwischen Betreibern und Diensteanbietern nutzen können, die der Mehrheit der Endnutzer zur Verfügung steht.

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Artikel 11 Dienstqualität benannter Unternehmen

(1) Die nationalen Regulierungsbehörden stellen sicher, dass alle benannten Unternehmen, denen Verpflichtungen nach den Artikeln 4, 5, 6 und 7 sowie nach Artikel 9 Absatz 2 auferlegt sind, angemessene und aktuelle Informationen über ihre Leistungen bei der Bereitstellung des Universaldienstes veröffentlichen und dabei die in Anhang III dargelegten Parameter, Definitionen und Messverfahren für die Dienstqualität zugrunde legen. Die veröffentlichten Informationen sind auch der nationalen Regulierungsbehörde vorzulegen.

(2) Die nationalen Regulierungsbehörden können unter anderem zusätzliche Qualitätsstandards festlegen, soweit einschl ägige Parameter aufgestellt worden sind, um die Leistung der Unternehmen bei der Erbringungen von Diensten für behinderte Endnutzer und Verbraucher zu bewerten. Die nationalen Regulierungsbehörden stellen sicher, dass Informationen über die Leistung der Unternehmen im Zusammenhang mit diesen Parametern ebenfalls veröffentlicht und den nationalen Regulierungsbehörden zugänglich gemacht werden.

(3) Die nationalen Regulierungsbehörden können darüber hinaus den Inhalt, die Form und die Art der zu veröffentlichenden Informationen festlegen, um sicherzustellen, dass die Endnutzer und Verbraucher Zugang zu umfassenden, vergleichbaren und benutzerfreundlichen Informationen haben.

(4) Die nationalen Regulierungsbehörden können Leistungsziele für Unternehmen mit Universaldienstverpflichtungen, die zumindest Artikel 4 entsprechen, festlegen. Dabei berücksichtigen die nationalen Regulierungsbehörden die Ansichten Betroffener, und zwar insbesondere gemäß Artikel 33.

(5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden in der Lage sind, die Einhaltung dieser Leistungsziele durch die benannten Unternehmen zu überwachen.

(6) Erfüllt ein Unternehmen über einen längeren Zeitraum die Leistungsziele nicht, können besondere Maßnahmen entsprechend der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) getroffen werden. Die nationalen Regulierungsbehörden können unabhängige Nachprüfungen der Leistungsdaten oder ähnliche Begutachtungen anordnen, für deren Kosten das betreffende Unternehmen aufkommt, um die Richtigkeit und Vergleichbarkeit der von Unternehmen mit Universaldienstverpflichtungen bereitgestellten Daten zu gewährleisten.

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Artikel 33 Anhörung Betroffener

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden die Ansichten von Endnutzern und Verbrauchern (insbesondere auch von behinderten Nutzern), Herstellern und Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und/oder -dienste bereitstellen, in allen mit Endnutzerund Verbraucherrechten bei öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten zusammenhängenden Fragen berücksichtigen, soweit dies angemessen ist, insbesondere wenn sie beträchtliche Auswirkungen auf den Markt haben.

(2) Die Betroffenen können unter Leitung der nationalen Regulierungsbehörden gegebenenfalls Verfahren entwickeln, in die Verbraucher, Nutzergruppen und Diensteerbringer eingebunden werden, um die allgemeine Qualität der Dienstleistung zu verbessern, indem unter anderem Verhaltenskodizes und Betriebsstandards entwickelt und überwacht werden.

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