Einleitung zum Heimrecht - öffentlich-rechtlicher Teil
(Julia Zinsmeister)

I. Entwicklung und Einordnung

Das Heimrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Heimträgern und -bewohnern und die Überwachung der Heime durch den Staat. Es soll sicherstellen, dass die Würde der Heimbewohner geachtet wird und sie ihren Alltag trotz ihrer Angewiesenheit auf Hilfe weiterhin möglichst selbstständig, selbstbestimmt und entsprechend ihren Interessen und Bedürfnissen gestalten können.
Historischen Ausgangspunkt des Heimrechts bildete das Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige aus dem Jahr 1974. 2001 erfolgte die grundlegende Reform und Neuverkündung als Heimgesetz. Seit der Föderalismusreform 2006 soll sich gemäß Art.74 Abs.1 Nr.7 GG (neue Fassung) die konkurrierende Gesetzgebung nicht mehr auf das Heimrecht beziehen. Dieses fällt damit in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer. Streitig ist, ob das für das gesamte Heimrecht oder nur für dessen gewerbeordnungsrechtlichen Teile gilt.
Das Heimgesetz umfasst einerseits vertragsrechtliche Normen, andererseits Regelungen mit gewerbeordnungsrechtlichem Charakter. Das Heimvertragsrecht stärkt die vertragliche Position der Verbraucher, indem es den Bewohnern u.a. Ansprüche gegenüber dem Heimträger auf Kostentransparenz und Kündigungsschutz sichert. Im gewerbeordnungsrechtlichen Teil des Heimrechts macht der Gesetzgeber den Betrieb von Heimen davon abhängig, dass die Heimträger bestimmte Mindeststandards in Bezug auf die personelle, räumliche und sächliche Ausstattung, die Prozess- und Leistungsqualität erfüllen. Die Mindeststandards werden in Rechtsverordnungen konkretisiert: Der Verordnung über die Pflichten der Träger von Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen für Volljährige im Falle der Entgegennahme von Leistungen zum Zwecke der Unterbringung eines Bewohners der Bewerbers (HeimsicherungsV) von 1978 (BGBl. I S.553) zuletzt geändert durch G zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S.3022, 3062), die Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauV) vom 3.5.1983, zuletzt geändert durch Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche v. 25.11.2003 (BGBl. I S.2346, 2351), die Verordnung über die personellem Anforderungen für Heime (HeimPersV) vom 19.7.1993 (BGBl. I S.1205), geändert durch die Erste Änderungsverordnung vom 22.6.1998 (BGBl. I S.1506) sowie die Verordnung über die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner in Angelegenheiten des Heimbetriebes (Heimmitwirkungsverordnung - HeimmwV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25.7.2002 (BGBl.I S.2896). Über die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an den Heimbetrieb wachen die Heimaufsichtsbehörden.
Erste Bundesländer haben von ihrer Gesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht.
Das erste Landesheimgesetz trat am 1.7.2008 in Baden-Württemberg in Kraft (LHeimG BW, GBl. BW 2008,169), gefolgt vom Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz v. 1.8.2008 (PfleWoG, BayGVBl. 2008, 346). In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein lagen bei Redaktionsschluss im Oktober 2008 Gesetzesentwürfe vor.

II. Wesentlicher Inhalt

Dem Schutzbereich des Heimrechts unterliegen Heimbewohnerinnen und -bewohner, die aufgrund ihres Alters, ihrer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit in einer Wohneinrichtung wohnen, in denen ihnen Betreuungs- und Versorgungsleistungen zur Verfügung gestellt werden. Frauenhäuser, Obdachlosenheime und Wohneinrichtungen zur Betreuung von Kinder und Jugendlichen fallen daher nicht unter das Heimgesetz. Zum Schutz der Minderjährigen in Einrichtungen gelten Bestimmungen der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII).
Adressaten des Heimrechts sind Träger von Wohneinrichtungen, die in ihrem Bestand unabhängig vom Wechsel und der Zahl ihrer Bewohner sind. Ambulante Dienste unterliegen nicht den Heimgesetzen. In der Praxis bereitet die Abgrenzung zwischen stationären und ambulant betreuten Wohnformen freilich erhebliche Schwierigkeiten. Viele neue Wohnformen, wie z.B. Hausgemeinschaften für alte und demenzerkrankte Menschen, sind gerade darauf angelegt, die Lücken zwischen dem betreuten Wohnen und der Heimversorgung zu schließen.
Das Heimgesetz des Bundes enthält in §§ 5-9 unabdingbare Regelungen zum Inhalt von Heimverträgen (z.B. Schriftform, Erhöhung der Heimentgelte, Kündigungsschutz), § 10 sichert den Bewohnern das Recht zur Mitwirkung in Angelegenheiten des Heimbetriebs. Hierzu wählen sie aus ihren Reihen und gegebenenfalls dem Kreis ihrer Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen Vertreter in den Heimbeirat. Dieser vertritt die Interessen der Heimbewohner gegenüber der Heimleitung. In § 11 sind die Anforderungen an den Betrieb eines Heimes formuliert. Die staatliche Heimaufsicht hat die Aufgabe, die Einhaltung dieser Anforderungen zu kontrollieren und die Heimträger bei der Qualitätsentwicklung beratend zu unterstützen. Einem Heimträger, dessen Einrichtung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und der die festgestellten Qualitätsmängel auch auf Anordnung hin nicht beseitigen kann oder will, kann im äußersten Fall der Betrieb des Heimes untersagt werden (§ 19 HeimG Bund). Die Heimaufsicht ist in den einzelnen Bundesländern bei verschiedenen Behörden angesiedelt, zum Teil bei den Landkreisen oder kreisfreien Städten, zum Teil bei den Versorgungsämtern oder Landesämtern für Versorgung und Soziales (oder Familie und Soziales), bei den Regierungspräsidien, im Saarland schließlich beim Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales.

III. Durchsetzbarkeit

Die Heimaufsichtsbehören beraten die Bewohnerinnen und Bewohner über ihre Rechte und Pflichten, vgl. § 4 HeimG des Bundes. Sie beraten auch Dritte, die ein berechtigtes Interesse an der Beratung haben (z.B. gesetzliche Betreuer). Rechtsstreitigkeiten zwischen Heimträger und Heimbewohner (Heimvertragsrecht) fallen in die Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit, d.h. der Amts- und Landgerichte. In der Praxis fällt es Heimbewohnerinnen und Heimbewohner aufgrund des Nähe- und Abhängigkeitsverhältnisses oder auch aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands oft schwer, gegenüber den Fach- und Leitungskräften ihre individuellen Rechte einzufordern und diese gegebenenfalls auch einzuklagen.
Darum soll der Heimbeirat als kollektive Interessenvertretung der Heimbewohnerinnen und -bewohner deren Position gegenüber Leitung und Personal stärken. Anträge und Beschwerden des Heimbeirates sind von der Leitung oder dem Träger spätestens binnen sechs Wochen zu beantworten (§ 32 HeimmwV). Die Behörden der Heimaufsicht unterstützen den Beirat in seiner Tätigkeit durch Beratung und Information. Sie prüfen Wahlanfechtungen und können Behinderungen der Beiratstätigkeit durch die Heimleitung als Ordnungswidrigkeit ahnden.
Die Heimaufsicht hat allen Beschwerden und sonstigen Hinweisen auf konkrete Mängel im Heim nachzugehen, seien es bauliche und hygienische Missstände, Pflegefehler, Personalnotstand oder das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter (z.B. entwürdigen Äußerungen, freiheitsberaubende Maßnahmen ohne richterlichen Beschluss). Die Aufsicht erfolgt in möglichst enger Zusammenarbeit mit den Trägern der Pflegeversicherung und der Sozialhilfe und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen, § 20 HeimG des Bundes. Die Heimaufsicht ist berechtigt, den Heimen angemeldete und unangemeldete Kontrollbesuche abzustatten. Werden Mängel festgestellt, wirkt die Heimaufsicht auf deren Beseitigung hin, sei es beratend oder durch ordnungsrechtliche Sanktionen in Form von Anordnungen, Bußgeldern, Beschäftigungsverboten oder im äußersten Fall auch der Betriebsuntersagung.
Die Heimaufsicht muss auch anonymen Beschwerden nachgehen, wenn sie den Verdacht begründen, dass Heimordnungsrecht verletzt wird. Diese lassen sich in der Praxis aber oft nur schwer überprüfen, da die Behörde auf konkrete und detaillierte Informationen angewiesen ist. Sollten Heimbewohner bei einer Beschwerde Vertraulichkeit wahren wollen, ist es daher besser, einen Verband oder Rechtsvertreter zwischenzuschalten, als eine anonyme Beschwerde abzugeben.

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