aus: Grifhorner Rundschau vom 27.07.2003
Hannover/Bremen (lni) - Der Bundesbehindertenbeauftragte Karl Hermann Haack
(SPD) hat die Bundesregierung wegen des fehlenden Anti-
Diskriminierungsgesetzes für Behinderte kritisiert. "Mit ihrer
Theorieversessenheit haben sich die Juristen im Bereich der Bundesregierung
und des Parlamentes als unfähig erwiesen, das seit langem versprochene
Regelwerk auf den Weg zu bringen", sagte der SPD- Bundestagabgeordnete am
Wochenende in Bremen bei einer Tagung zur Gleichstellung behinderter
Menschen.
Das Fehlen eines Anti-Diskriminierungsgesetzes sei ärgerlich, da nach dem
Kompromiss bei der Gesundheitsreform künftig Zahnersatz, Krankengeld und
Berufsunfähigkeit privat versichert werden müssten. Bislang würden
Versicherungen behinderte Menschen nicht oder nur gegen hohe Risikozuschläge
versichern, sagte Haack.
Der behindertenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hubert
Hüppe, sagte Unterstützung für konkrete Schritte gegen die Diskriminierung
behinderter Menschen zu. Praktikable Vorschläge würde seine Fraktion
mittragen, sagte er am Sonntag in Bremen. Ein Antidiskriminierungsgesetz
solle ausschließen, dass Menschen auf Grund ihrer Behinderung im
Privatrechtsverkehr benachteiligt werden, sagte der Sprecher der
Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth. Bislang könnten Versicherungen,
Banken, Urlaubs- und Reiseanbieter sowie Hauseigentümer Verträge mit
Behinderten ablehnen.
Die Bochumer Rechtswissenschaftlerin Theresia Degener beklagte, dass die
Bundesregierung zwei EU-Richtlinien noch nicht in deutsches Recht umgesetzt
habe. Mit den Richtlinien sollte eine Diskriminierung behinderter Menschen
unter anderem im Beruf verhindert werden. Eine Menschenrechtskonvention sei
notwendig, damit behinderte Menschen ihre Rechte weltweit durchsetzen
könnten. Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) sagte, die Stadt habe
bei der Integration Behinderter Fortschritte gemacht - beispielsweise bei
Kindergärten und Schulen.