NETZWERK ARTIKEL 3
Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter e.V.
Musterantrag für barrierefreie Städte
Bonn (kobinet) Das Bundesgleichstellungsgesetz für Behinderte tritt am 1.
Mai 2002 in Kraft und setzt dadurch auf Bundesebene neue Standards, was die
Barrierefreiheit angeht. Diese Entwicklung gilt es nun in die Kommunen zu
tragen und auch dort für eine umfassende Barrierefreiheit zu sorgen. Daher
ist ein Schwerpunkt des diesjährigen Europäischen Protesttages 2002 so viele
Kommunen wie möglich dazu zu bringen, entsprechende Beschlüsse für eine
barrierefreie Stadt oder Gemeinde zu verabschieden. Denn warum soll das, was
in Städten wie Erlensee oder Kassel schon längst verabschiedet wurde, nicht
auch in anderen Städten möglich sein?
Im folgenden dokumentieren wir den Musterantrag der Aktion Mensch für eine
barrierefreie Stadt, der je nach örtlicher Situation entsprechend angepasst
werden kann:
Musterantrag für eine barrierefreie Stadt
Ratsversammlung der Stadt Musterhausen
Gemeinsamer Antrag der
Fraktion A Fraktion B Fraktion C
Barrierefreies Musterhausen
Die Ratsversammlung möge beschließen:
- Die Stadt Musterhausen tritt der "Erklärung von Barcelona" vom 24.03.1995
bei.
-
Zur Umsetzung dieser Erklärung wird das folgende Konzept «Barrierefreies
Musterhausen» verabschiedet.
Konzept «Barrierefreies Musterhausen»
Die Stadt Musterhausen verpflichtet sich zunächst in folgenden Bereichen auf
die Gleichstellung behinderter und älterer Menschen hinzuwirken:
I. Öffentliche Gebäude, Straßen, Plätze und Wege
a) Alle unter der Beteiligung der Stadt Musterhausen oder ihrer
Gesellschaften errichteten und geförderten Baumaßnahmen und Einrichtungen
(z.B. Ämter, Kultureinrichtungen, Spielplätze, etc.) werden grundsätzlich
unter Beachtung der entsprechenden DIN Normen zum barrierefreien Bauen für
Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen geplant und gestaltet.
Bei Umbauten oder Renovierungen wird entsprechend verfahren. Zudem wird ein
Maßnahmenkatalog zur barrierefreien Umgestaltung bestehender öffentlicher
Gebäude und Einrichtungen entwickelt.
Darüber hinaus verpflichtet sich die Stadt Musterhausen zu folgenden
Maßnahmen:
1.) Für das Rathaus der Stadt Musterhausen wird eine Planung vorgelegt, wie
dieses barrierefrei zugänglich gemacht und genutzt werden kann. Sofern
technisch möglich werden die Treppen im Gebäude mit Rampen ausgestattet. Die
Wege für Mobilitätsbehinderte werden deutlich ausgeschildert, Hörhilfen für
Hörbehinderte installiert und eine Anlaufstelle für Hörgeschädigte
geschaffen. Ebenso wird eine kontrastreiche und tastbare Ausstattung und
Ausschilderung für Sehgeschädigte in leicht verständlicher Form und mit
Symbolen versehen angebracht.
2.) Die Stadt stellt sicher, dass zukünftig bei allen Wahlen sämtliche
Wahllokale barrierefrei zugänglich sind. Dabei wird auch sicher gestellt,
dass blinden Menschen durch die Bereitstellung entsprechender Hilfsmittel
bzw. Hilfskräfte eine gleichberechtigte und geheime Wahl möglich ist.
Eventuell nötige Übergangslösungen zur Verwirklichung dieses Zieles sind mit
der Behindertenvertretung einvernehmlich zu regeln.
3.) Neue und im Rahmen von Straßenbauarbeiten umzubauende Bordsteine von
Bürgersteigen werden in Einmündungs- und Kreuzungsbereichen so abgesenkt,
dass sie von Menschen mit verschiedenen Behinderungen barrierefrei und
gefahrlos genutzt werden können. Zudem soll ein Maßnahmenkatalog für den
Umbau bestehender Bordsteine erstellt werden.
4.) Sämtliche neu aufgestellten Lichtzeichenanlagen werden mit akustischen
Signalgebern für Blinde ausgestattet, die sowohl den Standort der Ampel
anzeigen, als auch die Grünphase. Bei bestehenden Lichtzeichenanlagen ist
eine Umrüstung in Absprache mit den Behindertenvertretungen zu prüfen und
ein entsprechender Maßnahmenkatalog zu entwickeln.
5.) Sofern es die Topographie zuläßt, werden Fußgängerwege mit einem
Längsgefälle von weniger als 6 % errichtet.
b) Alle mit öffentlichen Mitteln der Kommune geförderten Wohnungen sind
barrierefrei nach den entsprechenden DIN Normen zu bauen. Bei Renovierungs-
und Sanierungsarbeiten sind ebenfalls die entsprechenden DIN-Normen
anzuwenden. Eine bevorzugte Vergabe barrierefreier Wohnungen an
mobilitätsbehinderte Menschen ist vorzusehen.
c) Bei privaten Bauvorhaben wird, soweit öffentlich zugängliche Flächen bzw.
Räume errichtet werden, auf die Einhaltung einer barrierefreien Gestaltung,
die behinderten Menschen eine gleichberechtigte Nutzung ohne fremde Hilfe
ermöglicht, besonders geachtet. Die Bauherren werden hierfür entsprechend
beraten.
d) Falls die normgerechte Umsetzung o.a. Regelungen nur unter
unverhältnismäßig hohem Aufwand realisierbar sein sollte, ist eine
ausführliche Begründung der Ablehnung durch das jeweilige Fachamt notwendig.
Vor der endgültigen Entscheidung ist der Behindertenvertretung Gelegenheit
zur Stellungnahme zu geben.
e) Die Stadt Musterhausen richtet eine Behindertenvertretung ein, die als
Gesprächspartner für die Politik und Verwaltung dient, Mitspracherecht bei
sie betreffenden Entscheidungen hat und die Behindertenorganisationen vor
Ort repräsentiert.
II. Öffentlicher Personennahverkehr
Die Stadt Musterhausen nimmt Einfluss auf die Unternehmen des ÖPNV, damit
behinderten Menschen die gleichberechtigte Teilnahme am öffentlichen
Nahverkehr ermöglicht wird. Im Einzelnen werden folgende Maßnahmen
durchgeführt:
a) Sämtliche ÖPNV-Haltestellen müssen barrierefrei erreichbar und
selbständig nutzbar sein. Zu diesem Zweck wird eine Planung erstellt,
aufgrund derer stufenweise Um- bzw. Nachrüstungen und eine Verbesserung der
Informationen vorgenommen werden.
b) Es werden nur noch Fahrzeuge des ÖPNV angeschafft, die barrierefrei
zugänglich und für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen
gleichberechtigt nutzbar sind. Dies beinhaltet u.a. einen stufenlosen
Einstieg, akustische Ansagen, gut lesbare Haltestellenanzeigen und eine
kontrastreiche Gestaltung.
c) Im Fahrplan der Verkehrsbetriebe ist darzustellen, welche Haltestellen
ebenerdig befahrbar sind und zu welchen Zeiten barrierefreie Fahrzeuge
fahren.
d) Die Verkehrsbetriebe veröffentlichen einen Ratgeber für behinderte
KundInnen, der ihnen die Benutzung des ÖPNV erleichtern soll.
e) Die Schulung der FahrerInnen betreffend den Umgang mit behinderten
KundInnen wird in Kooperation mit den Behindertenvertretungen verbessert und
intensiviert.
f) Sofern im Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe Fragen diskutiert werden, die
in den Zuständigkeitsbereich des Behindertenbeirates oder einer ähnlichen
Behindertenvertretung fallen, insbesondere die Neuanschaffung von Fahrzeugen
sowie der Um- und Neubau von Haltestellen, so wird ein Mitglied dieser
Behindertenvertretung als Sachverständiger gemäß § 109 Abs. 1 AktG
hinzugezogen.
g) Die Verkehrsbetriebe werden aufgefordert, in ihrem Fahrgastbeirat
wenigstens einen Platz für ein Mitglied mit Mobilitätsbehinderungen
vorzusehen.
Berichterstatterin: Stadtverordnete Ina Mustermann
Ina Mustermann
Fraktionsvorsitzende Fraktion A
Claudia Muster
Fraktionsvorsitzende Fraktion B
Klaus Musterer
Fraktionsvorsitzender Fraktion C
Anlage 1: «Erklärung von Barcelona»
Ihr E-Mail-Kontakt zur Geschäftsstelle: HGH@nw3.de
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