(Landesbehindertengleichstellungsgesetz - LBGG M-V)
Vom 10. Juli 2006
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Gleichstellung, gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen
mit Behinderungen und zur Änderung anderer Vorschriften vom 10. Juli 2006 (GVOBl. M-V S. 539, 540)
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel
§ 2 Geltungsbereich
§ 3 Behinderung
§ 4 Frauen mit Behinderungen
§ 5 Benachteiligung
§ 6 Barrierefreiheit
Abschnitt 2
Maßnahmen zur Gleichstellung, Teilhabe, Integration und Barrierefreiheit
§ 7 Benachteiligungsverbot und Gleichstellungsgebot
§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr
§ 9 Zielvereinbarungen
§ 10 Interessenvertretungen für Menschen mit Behinderungen
§ 11 Gebärdensprache und Kommunikationshilfen
§ 12 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
§ 13 Barrierefreie Informationstechnik
§ 14 Ausgleichsregelung
§ 15 Mitwirkung von Verbänden, Verbandsklage, Vertretungsbefugnis
Abschnitt 3
Rat für Integrationsförderung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen
§ 16 Ziel
§ 17 Aufgaben
§ 18 Befugnisse
§ 19 Mitglieder
§ 20 Vorsitz
§ 21 Sitzungen
§ 22 Beschlüsse
§ 23 Entschädigung
§ 24 Geschäftsstelle
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie
die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen
eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen; dabei ist besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
(2) Zur Erreichung des Zieles dieses Gesetzes sollen die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen mit den Interessenvertretungen
für Menschen mit Behinderungen nach § 10 zusammenarbeiten.
(3) Bei Maßnahmen nach diesem Gesetz sind die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer zu
berücksichtigen. Dabei ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip zu befolgen.
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(1) Dieses Gesetz gilt für die Verwaltungen des Landes und der kommunalen Körperschaften sowie der ihnen unterstehenden
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit diese Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.
(2) Soweit die in Absatz 1 genannten Stellen Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des privaten Rechts halten
oder erwerben, haben sie darauf hinzuwirken, dass die Grundzüge dieses Gesetzes auch von den juristischen Personen des
privaten Rechts, an denen die Beteiligung besteht, beachtet werden.
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Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines
Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen
und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
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Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen
zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der
tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender
Benachteiligungen zulässig.
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Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden
Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.
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Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der
Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen, Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete
Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und
grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
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Abschnitt 2
Maßnahmen zur Gleichstellung, Teilhabe,
Integration und Barrierefreiheit
(1) Menschen mit Behinderungen dürfen von den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gegenüber Menschen ohne Behinderungen nicht
benachteiligt werden. In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne
Behinderungen sind Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligung zulässig.
(2) Macht ein Mensch mit Behinderungen eine Benachteiligung im Sinne von § 5 durch eine Stelle nach § 2 Abs. 1 glaubhaft,
so muss jene beweisen, dass eine Benachteiligung nicht vorliegt, für die Benachteiligung zwingende Gründe vorliegen oder
dass nicht durch die Behinderung bedingte, sachliche Gründe vorliegen. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche
Vorschriften abweichende Bestimmungen enthalten.
(3) Empfänger öffentlicher Zuwendungen sollen nach Maßgabe der geltenden haushalts- und förderrechtlichen Bestimmungen
des Landes auf die Förderung des Gesetzeszieles hinwirken.
(4) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
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(1) Hinsichtlich der Herstellung der Barrierefreiheit von baulichen Anlagen und anderen Anlagen und Einrichtungen der
in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gilt § 52 (ab dem 1. September 2006: § 50 ) der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern.
(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen
und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften
barrierefrei zu gestalten.
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(1) Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, können zur Herstellung der Barrierefreiheit zwischen den Landesverbänden
von Menschen mit Behinderungen und den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen
Organisations- oder Tätigkeitsbereich Zielvereinbarungen getroffen werden.
(2) Die Zielvereinbarungen sind an das Zielvereinbarungsregister zu melden, das vom Landesamt für Gesundheit und Soziales
geführt wird.
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(1) Rechtsfähige Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit
Behinderungen und ihrer Angehörigen sind durch ihre Struktur und demokratische Wahlen als Interessenvertretung der
Betroffenen legitimiert.
(2) Das Land erkennt das Recht der rechtsfähigen Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie der
Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen an, sich auf Landesebene, in den
Regionen und lokal zu organisieren und zu vertreten. Insbesondere wird das Land darauf hinwirken, dass die Rolle der
Selbsthilfeorganisationen ausgebaut und gefestigt wird, ihr Einfluss im Gemeinwesen, bei der Planung und Evaluierung
von Diensten und Maßnahmen, die das Leben von Menschen mit Behinderungen berühren, wirksam bleiben und zur Sensibilisierung
der Öffentlichkeit beitragen kann.
(3) Rechtsfähige Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit
Behinderungen und ihrer Angehörigen, die individuelle, personenbezogene Beratung und Hilfe anbieten, können nach Maßgabe
des Haushaltes gefördert werden.
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(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Lautsprachbegleitende Gebärden sind als
Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit
haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 3 das Recht, mit den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen in Deutscher
Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren,
soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen
haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die
Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen. Die notwendigen Aufwendungen werden vom Land
getragen. Kann eine von den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen bestimmte und nicht gesetzlich vorgegebene Frist nicht
eingehalten werden, weil ein Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe nicht rechtzeitig
zur Verfügung gestellt werden konnte, ist die Frist angemessen zu verlängern.
(3) Das Sozialministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung
1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter
Kommunikationshilfen,
2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation
zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägern öffentlicher Gewalt,
3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die
Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen sowie das Verfahren zur Erstattung der
notwendigen Aufwendungen durch das Land und
4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 2 anzusehen sind.
(4) Die Rechtsverordnung nach Absatz 3 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.
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(1) Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen,
öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener Menschen mit Behinderungen
schrittweise zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2
insbesondere verlangen, dass ihnen die in Satz 1 genannten Dokumente ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie
wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren
erforderlich ist.
(2) Das Sozialministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium durch
Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten, unter welchen
Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen
zugänglich gemacht werden.
(3) Die Rechtsverordnung nach Absatz 2 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.
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(1) Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung
gestellten Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Absatz 3
zu erlassenen Rechtsverordnung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich
uneingeschränkt genutzt werden können.
(2) Amtliche Informationen sollen schrittweise mit Mitteln der Informationstechnik barrierefrei veröffentlicht werden,
soweit sie nicht in einer anderen für Menschen mit Behinderungen wahrnehmbaren Form zugänglich sind.
(3) Das Sozialministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung
nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen MöglichkeitenNäheres über die barrierefreie
Gestaltung der Informationstechnik nach Absatz 1 und legt die dabei anzuwendenden technischen Standards fest.
(4) Die Rechtsverordnung nach Absatz 3 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.
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(1) Für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach den §§ 12 und 13 wird den kreisfreien Städten, Landkreisen, Ämtern und amtsfreien
Gemeinden ein Ausgleichsbetrag von jährlich 20300 Euro gewährt. Dieser Betrag wird anteilig wie folgt verteilt:
1. Die kreisfreien Städte erhalten den Anteil an dem Betrag entsprechend dem Anteil ihrer Einwohnerzahl bezogen auf die Zahl
der Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern.
2. Die Landkreise und die Ämter und amtsfreien Gemeinden erhalten den Anteil an dem Betrag entsprechend dem Anteil ihrer
Einwohnerzahl bezogen auf die Zahl der Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern je zur Hälfte.
Die Ermittlung der Einwohnerzahl richtet sich nach § 12 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes . Die Auszahlung der Zuweisungen
wird in entsprechender Anwendung des § 14 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes vorgenommen.
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 wird im Jahr 2007 für die Jahre 2006 und 2007 ein Ausgleichsbetrag von 28 758 Euro gewährt.
(3) Die Ausgleichsbeträge nach Absatz 1 sowie deren Verteilung sind spätestens drei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses
Gesetzes an die Entwicklung des Aufwandes anzupassen.
(4) Das Sozialministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium, die
Ausgleichsbeträge und deren Verteilung unter Beteiligung der kommunalen Landesverbände durch Rechtsverordnung anzupassen.
(5) Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. März 2009 über die Kostenfolgen dieses Gesetzes.
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(1) Ein nach § 13 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), der zuletzt durch
Artikel 14b des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl. I S. 818) geändert worden ist, anerkannter Verband, dessen
mecklenburg-vorpommerscher Landesverband oder ein nach Absatz 5 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten
verletzt zu sein, bei dem zuständigen Träger öffentlicher Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 1 die Feststellung beantragen,
dass dieser gegen
1. das Benachteiligungsverbot und Gleichstellungsgebot nach § 7 Abs. 1 oder
2. seine Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach §§ 8, 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 oder § 13 Abs. 1 und 2
verstoßen hat. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich
berührt wird. Über den Antrag ist durch schriftlichen Verwaltungsakt zu entscheiden. Gegen den Verwaltungsakt stehen dem
Verband die Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung zu. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn eine Maßnahme
aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung erlassen worden ist.
(2) Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder
hätte verfolgen können, ist die Klage gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 1 Satz 3 nur zulässig, wenn der Verband geltend
macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt.
(3) Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach § 7 Abs. 1, §§ 8, 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 oder § 13 Abs. 1 und 2
verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach Absatz 1 Satz 1, die nicht selbst am Verfahren
beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem
Rechtsschutzersuchen durch den betroffenen Menschen selbst vorliegen. Das Einverständnis ist schriftlich zu erklären.
(4) Solange über einen Antrag nach Absatz 1 Satz 1 nicht bestandskräftig entschieden worden ist oder die Klage eines
Verbandes gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 1 Satz 3 rechtshängig ist oder wenn über die Sache selbst rechtskräftig
entschieden worden ist, kann die Sache von keinem anderen Verband anderweitig beantragt oder anhängig gemacht werden.
(5) Das Sozialministerium erkennt auf Antrag einen Verband nach Absatz 1 Satz 1 an. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn
der Verband
1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Belange von Menschen mit Behinderungen fördert,
2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Menschen mit Behinderungen auf Landesebene zu vertreten,
3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit,
der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und
5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), der zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 15.
Dezember 2004 (BGBl. I S. 3416) geändert worden ist, von der Körperschaftsteuer befreit ist.
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Abschnitt 3
Rat für Integrationsförderung von
Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen
Bei der Landesregierung ist ein Rat für Integrationsförderung für Menschen mit Behinderungen und chronischen
Erkrankungen (Integrationsförderrat) eingerichtet. Ziel der Arbeit des Integrationsförderrates ist es, Chancengleichheit
für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen herzustellen, Voraussetzungen für ihre gleichberechtigte
Teilnahme am Leben in der Gesellschaft zu schaffen und noch bestehende tatsächliche Benachteiligungen abzubauen.
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(1) Der Integrationsförderrat unterstützt und berät die Landesregierung bei der Aufgabe, gleichwertige Lebensbedingungen
für Menschen mit und ohne Behinderungen zu schaffen.
(2) Der Integrationsförderrat erstattet der Landesregierung jedes Jahr einen Bericht über seine Tätigkeit. Der Bericht
enthält Schlussfolgerungen und Schwerpunkte für die weitere Arbeit der Landesregierung. Die Landesregierung hat zeitnah
dem Landtag diesen Bericht zuzuleiten und über Maßnahmen zur Umsetzung von Beschlüssen des Integrationsförderrats zu
unterrichten.
Nach oben
(1) Der Integrationsförderrat ist berechtigt, der Landesregierung Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften
vorzuschlagen, die geeignet sind, die Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zu
beseitigen und zu verhindern. Diese prüft die Vorschläge auf ihre Durchführbarkeit. Über das Ergebnis der Prüfung und
das weitere Verfahren ist der Integrationsförderrat zu unterrichten. Er arbeitet mit dem Bürgerbeauftragten des Landes
Mecklenburg-Vorpommern sowie anderen Institutionen und Organisationen, die sich mit den besonderen Belangen von Menschen
mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen befassen, zusammen.
(2) Der Integrationsförderrat ist von der Landesregierung vor dem Einbringen von Gesetzentwürfen und dem Erlass von
Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die die Belange von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen
betreffen, anzuhören. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelungen wird er beratend einbezogen und ist befugt,
Stellungnahmen und Empfehlungen abzugeben.
(3) Der Integrationsförderrat kann der Landesregierung und einzelnen Ministerien Empfehlungen zur Verbesserung der besonderen
Situation von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen geben und diesbezüglich beratend tätig werden.
(4) Die Landesregierung teilt dem Integrationsförderrat unverzüglich die Gründe für das Nichtrealisieren von Empfehlungen
und Vorschlägen des Integrationsförderrates mit.
(5) Im Rahmen seiner Aufgaben kann der Integrationsförderrat auch öffentliche Erklärungen abgeben.
Nach oben
(1) Dem Integrationsförderrat gehören als Mitglieder an:
1. sieben Vertreter der Behindertenverbände,
2. je ein Vertreter des Innenministeriums, des Finanzministeriums, des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur,
des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung, des Wirtschaftsministeriums, der Frauen- und
Gleichstellungsbeauftragten der Landesregierung und des Sozialministeriums,
3. ein Vertreter des Landkreistages Mecklenburg-Vorpommern e. V.,
4. ein Vertreter des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e. V.,
5. je ein Vertreter des Sozialverbandes Deutschland Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. und der Liga der
Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V.
(2) Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu benennen.
(3) Für die Benennung der Mitglieder und der Stellvertreter gelten folgende Regelungen:
1. Die sieben Vertreter und deren Stellvertreter nach Absatz 1 Nr. 1 werden von der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
Behinderter Mecklenburg-Vorpommern e. V. und dem Allgemeinen Behindertenverband in Mecklenburg-Vorpommern e. V. benannt.
2. Die Mitglieder nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 und deren Stellvertreter werden von den jeweiligen Institutionen benannt.
3. Es ist darauf hinzuwirken, dass möglichst viele Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen oder deren
Angehörige als Mitglieder benannt werden. Behörden, Organisationen und Gruppen, die mehrere Mitglieder entsenden, müssen
mindestens zur Hälfte dieser Mitglieder Frauen entsenden. Behörden, Organisationen und Gruppen, die ein Mitglied entsenden,
müssen für mindestens jede zweite Amtszeit eine Frau entsenden.
(4) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für die Dauer von vier Jahren durch die Landesregierung berufen. Über die
Berufung wird eine Urkunde ausgehändigt. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Tag der Berufung. Scheidet ein Mitglied nach
Absatz 1 oder ein Stellvertreter nach Absatz 2 vorzeitig aus, so ist von der benennenden Stelle ein neues Mitglied oder ein
neuer Stellvertreter für die Restdauer der Berufungsperiode zu benennen.
(5) Die Tätigkeit der Mitglieder des Integrationsförderrats und ihrer Stellvertreter ist ehrenamtlich.
Nach oben
(1) Der Integrationsförderrat wählt aus seiner Mitte in je einem Wahlgang einen Vorsitzenden und zwei stellvertretende
Vorsitzende. § 22 Satz 1 gilt entsprechend. Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder oder
ihrer Vertreter erhält.
(2) Der Vorsitzende vertritt den Integrationsförderrat nach außen und leitet die Sitzungen.
Nach oben
(1) Der Integrationsförderrat gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Die Sitzungen des Integrationsförderrats sind in der Regel nicht öffentlich. Auf Antrag kann durch Beschluss der Mehrheit
der anwesenden Mitglieder die Öffentlichkeit von Sitzungen hergestellt werden. Zu den Sitzungen können Sachverständige,
andere sachkundige Personen sowie Vertreter von Verbänden hinzugezogen werden. Die Entscheidung hierzu trifft die Mehrheit
der anwesenden Mitglieder.
(3) Die Mitglieder des Integrationsförderrats und andere Sitzungsteilnehmer sind zur Verschwiegenheit über die als
vertraulich bezeichneten Beratungsunterlagen und Informationen verpflichtet. Sitzungsteilnehmer, die nicht Mitglied des
Integrationsförderrats sind, sind mit der Versendung der Unterlagen und zu Sitzungsbeginn darauf hinzuweisen.
Nach oben
Der Integrationsförderrat ist beschlussfähig, wenn mit einer Ladungsfrist von 21 Tagen geladen wurde und mindestens
zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Beschlüsse bedürfen der Zustimmung der Mehrheit
der Mitglieder des Integrationsförderrates. Ist eine Angelegenheit wegen Beschlussunfähigkeit zurückgestellt worden, ist
eine neue Sitzung zur Beratung desselben Gegenstandes mit einer Ladungsfrist von mindestens einer Woche von dem Vorsitzenden
einzuberufen. Der Vorsitzende hat auf die Beschlussunfähigkeit der vorhergehenden Sitzung in der Einladung hinzuweisen. Der
erneut einberufende Integrationsförderrat ist in seiner zweiten Sitzung mit der Zahl der anwesenden Mitglieder mit der
Mehrheit ihrer Stimmen beschlussfähig. Der Vorsitzende stellt die Beschlussfähigkeit zu Beginn der Sitzung fest.
Nach oben
Über Entschädigungen entscheidet der Integrationsförderrat im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Für
die Höhe der Reisekosten sind die Regelungen des Landesreisekostengesetzes zu Grunde zu legen.
Nach oben
Der Integrationsförderrat verfügt über eine bei der Landesregierung eingerichtete Geschäftsstelle.
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