Gesetz für psychisch Kranke
PsychKG - Berlin
vom 8. März 1985
geändert durch Gesetz zur Ausführung des Betreuungsgesetzes und zur Anpassung des Landesrechts vom 17. März 1994 (GVBl. 1994 S. 86)
Erster Abschnitt Allgemeines
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Fürsorgegrundsatz
Zweiter Abschnitt Hilfen für psychisch Kranke
§ 3 Ziel der Hilfen
§ 4 Art der Hilfen
§ 5 Ehrenamtliche Helfer
§ 6 Psychiatriebeirat
§ 7 Psychosoziale Arbeitsgemeinschaften
Dritter Abschnitt Unterbringung
1. Unterabschnitt Voraussetzungen und Zweck
§ 8 Voraussetzungen der Unterbringung
§ 9 Zweck der Unterbringung
§ 10 Einrichtungen
2. Unterabschnitt Einleitung des Verfahrens
§ 11 Antrag auf Unterbringung
§ 12
§ 13 Gerichtliche Verfahrensvorschriften
§ 14 Örtliche Zuständigkeit des Bezirksamtes
§ 15 Akteneinsicht des Betroffenen
§§ 16 - 24
3. Unterabschnitt Voraussetzungen und Durchführung der vorläufigen behördlichen Unterbringung
§ 25
§ 26 Vorläufige behördliche Unterbringung
4. Unterabschnitt Aufnahme und Betreuung während der Unterbringung
§ 27 Durchführende Behörde
§ 28 Gestaltung der Unterbringung
§ 29 Rechtsstellung des Untergebrachten
§ 29 a Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 30 Behandlung
§ 31 Persönliche Habe
§ 32 Religionsausübung
§ 33 Besuchsrecht
§ 34 Recht auf Schriftwechsel
§ 35 Telefongespräche, Telegramme und andere Arten der Nachrichtenübermittlung
§ 36 Offene Unterbringung
§ 37 Beurlaubungen
§ 38 Beratende Kommission
§ 39 Hausordnung
§ 40 Patientenfürsprecher
§ 41
5. Unterabschnitt Beendigung der Unterbringung
§§ 42 und 43
§ 44 Beendigung der Unterbringung
§ 45 Benachrichtigung des Bezirksamtes
Vierter Abschnitt
Fünfter Abschnitt Durchführung freiheitsentziehender Maßnahmen
§ 46 Unterbringung aufgrund strafrechtlicher Entscheidung
Sechster Abschnitt Kosten
§ 47
§ 48
§ 49 Kosten der Unterbringung
Siebenter Abschnitt Übergangs- und Schlussvorschriften
§ 50 Verwaltungsvorschriften
§ 51 Einschränkung von Grundrechten
§§ 52 - 54
Erster Abschnitt Allgemeines
(1) Dieses Gesetz regelt
1. Hilfen für psychisch Kranke, soweit sie geeignet sind, eine Unterbringung zu vermeiden,
2. die Unterbringung
a) von psychisch Kranken nach diesem Gesetz,
b) von psychisch Kranken, die nach § 63 Abs. 1, § 64 des Strafgesetzbuches sowie § 7 des Jugendgerichtsgesetzes untergebracht
sind.
(2) Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die an einer Psychose, einer psychischen Störung, die in ihren
Auswirkungen einer Psychose gleichkommt, oder einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von
Suchtstoffen leiden und bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf Heilung oder Besserung besteht.
(3) Dieses Gesetz findet auch Anwendung auf geistig behinderte Personen, bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf
Besserung besteht.
Nach oben
Bei allen Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes ist auf das Befinden des psychisch Kranken besonders Rücksicht zu nehmen und
sein Persönlichkeitsrecht zu wahren.
Nach oben
Zweiter Abschnitt Hilfen für psychisch Kranke
(1) Ziel der Hilfen ist es, durch rechtzeitige und umfassende Beratung und persönliche Betreu-ung sowie durch Vermittlung oder
Durchführung geeigneter Maßnahmen, insbesondere von Behandlung, eine Unterbringung des psychisch Kranken entbehrlich zu machen
(vorsorgende Hilfen) oder ihm nach der Unterbringung die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft zu er-leichtern und eine
erneute Unterbringung zu verhüten (nachgehende Hilfen). Die Hilfen werden nach Möglichkeit so erbracht, dass der psychisch
Kranke sie in Anspruch nehmen kann, ohne seinen gewohnten Lebensbereich aufzugeben.
(2) Die Hilfen sollen ferner bei Personen, die mit psychisch Kranken in Beziehung stehen, Ver-ständnis für die besondere Lage
der psychisch Kranken wecken und insbesondere die Bereit-schaft zur Mitwirkung bei der Behebung von Schwierigkeiten der
psychisch Kranken erhalten und fördern.
(3) Hilfen nach diesem Gesetz werden nur geleistet, wenn sie von den Betroffenen freiwillig angenommen werden.
Nach oben
(1) Unter Berücksichtigung der in § 3 genannten Grundsätze müssen für eine bedarfsgerechte psychiatrische Versorgung
individuelle und institutionelle Hilfen im ambulanten, stationären, komplementären und rehabilitativen Bereich in
erreichbarer Nähe für jeden Einzugsbereich vor-handen sein. Stationäre Hilfen sollen dabei nur dann geleistet werden, wenn
das Ziel der Hilfe nicht auf anderem Weg erreicht werden kann.
(2) Das für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats wirkt darauf hin, dass die psychiatrische Notfallversorgung,
insbesondere durch einen fachärztlichen Bereitschaftsdienst und durch Kriseninterventionszentren, in enger Zusammenarbeit mit
den Bezirksämtern sichergestellt wird.
Nach oben
Sozialpsychiatrische Dienste und psychiatrische Krankenhäuser sollen die ehrenamtliche Hilfe für psychisch Kranke sowie die
Selbsthilfe fördern. Sie können die fachlichen Hilfen vor, wäh-rend und nach der Unterbringung ergänzen.
Nach oben
Das für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats beruft einen aus fachkundigen Personen bestehenden
Psychiatriebeirat, der es bei allen Fragen einer bedarfsgerechten Ver-sorgung psychisch Kranker berät.
Nach oben
(1) Zur Erreichung des in § 3 genannten Zieles arbeiten die Sozialpsychiatrischen Dienste der Bezirke mit den niedergelassenen
Ärzten, den Krankenhäusern, den Trägern der Sozial- und Jugendhilfe, den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und allen
anderen öffentlichen, freige-meinnützigen und privaten Organisationen, Einrichtungen und Stellen, die vorsorgende, begleitende
und nachgehende Hilfen erbringen, eng zusammen.
(2) Von den Bezirksämtern sind psychosoziale Arbeitsgemeinschaften zu bilden. Sie haben auf eine Zusammenarbeit aller an der
Versorgung beteiligten Personen, Behörden, Institutionen und Verbände hinzuwirken und sind von den zuständigen Behörden bei
der Wahrnehmung des Sicherstellungsauftrages für eine gemeindenahe und bedarfsgerechte psychiatrische Versor-gung zu hören.
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Dritter Abschnitt Unterbringung
1. Unterabschnitt Voraussetzungen und Zweck
(1) Psychisch Kranke können nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a gegen oder ohne ihren Willen nur untergebracht werden, wenn und
solange sie durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ernsthaft ihre Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter
anderer in erhebli-chem Maße gefährden und diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich
behandeln zu lassen, rechtfertigt für sich allein keine Unterbringung.
(2) Eine Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a darf nicht angeordnet oder muss wieder aufgehoben werden, wenn eine
Unterbringung nach § 1 Nr. 2 Buchstabe b oder nach § 81 oder § 126 a StPO angeordnet worden ist.
Nach oben
Zweck der Unterbringung ist es, die in § 8 genannte Gefahr abzuwenden und den Unterge-brachten nach Maßgabe dieses Gesetzes
zu behandeln.
Nach oben
(1) Die Unterbringung erfolgt in psychiatrischen Krankenhäusern, psychiatrischen Abteilungen in einem Krankenhaus, für
psychisch Kranke geeigneten Heimen oder Teilen von solchen Hei-men (Einrichtungen). Sie wird als geschlossene Unterbringung
in Einrichtungen durchgeführt, die durch geeignete Maßnahmen gegen Entweichen des Untergebrachten gesichert sind. Eine
geeignete Maßnahme kann auch darin bestehen, dem Untergebrachten zu untersagen, die Ein-richtung zu verlassen.
(2) Das für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats bestimmt die an der Unter-bringung beteiligten Einrichtungen
und beleiht sie mit hoheitlicher Gewalt. Sie unterliegen der Fachaufsicht des zuständigen Bezirksamtes; § 89 Abs. 2 des
Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz - BerlHG -) vom 12. Oktober 1990 (GVBl. S. 2165),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1993 (GVBl. S. 649), bleibt unberührt.
(3) Die an der Unterbringung beteiligten Einrichtungen müssen so gegliedert und ausgestattet sein, dass eine auf die
unterschiedlichen Anforderungen abgestimmte Behandlung ermöglicht und die Wiedereingliederung der Untergebrachten gefördert wird.
Es müssen insbesondere die Voraussetzungen für eine offene und geschlossene Unterbringung sowie für eine gesonderte
Behandlung Jugendlicher und Heranwachsender vorliegen.
(4) Soweit nach diesem Gesetz die Mitwirkung oder die Entscheidung der Einrichtung vorgese-hen ist, ist für diese der zuständige
leitende Arzt verantwortlich.
Nach oben
2. Unterabschnitt Einleitung des Verfahrens
Die Unterbringung wird auf schriftlichen Antrag des Bezirksamtes eingeleitet.
Nach oben
Aufgehoben
Nach oben
Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Nach oben
(1) Soweit nach diesem Gesetz Maßnahmen des Bezirksamtes vorgesehen sind, ist für diese das Bezirksamt zuständig, in dessen
Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Hat oder hatte er keinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Land Berlin oder ist der gewöhnliche Aufenthalt nicht feststellbar, so ist das Bezirksamt zuständig, in dessen Bezirk das
Bedürfnis für eine Unterbringung entsteht.
(2) Für eine Maßnahme nach § 26 ist neben dem in Absatz 1 genannten Bezirksamt das Bezirksamt zuständig, in dessen Bezirk das
Bedürfnis für die Unterbringung entsteht. Dieses Be-zirksamt ist auch für die Antragstellung zuständig, wenn eine vorläufige
Unterbringung durch einstweilige Anordnung nach § 70 h des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
erforderlich ist. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung, so ist auch das Bezirksamt zuständig, in dessen
Bezirk die Einrichtung liegt.
(3) Das nach Absatz 2 tätig gewordene Bezirksamt gibt das Verfahren umgehend an das nach Absatz 1 Satz 1 dafür zuständige
Bezirksamt ab. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann das Verfahren auch von dem Bezirksamt, in dem die Einrichtung
liegt, weitergeführt wer-den, wenn die Interessen des Betroffenen dem nicht entgegenstehen und damit eine einfache und
zweckmäßige Durchführung des Verfahrens gewährleistet wird.
Nach oben
Die Betroffenen haben grundsätzlich das Recht, alle Akten und Unterlagen einzusehen, die bei Behörden und Einrichtungen,
die an der Durchführung hoheitlicher Maßnahmen beteiligt sind, über sie geführt werden. Das gilt ausnahmsweise nicht, wenn
nach ärztlichem Gutachten durch die Einsichtnahme derzeit eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit des Betroffenen zu erwarten
ist oder schützenswerte Interessen Dritter verletzt werden.
Nach oben
sind aufgehoben.
Nach oben
3. Unterabschnitt Voraussetzungen und Durchführung der vorläufigen behördlichen Unterbringung
Aufgehoben
Nach oben
(1) Bestehen dringende Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Voraussetzungen für die Un-terbringung vorliegen und kann eine
gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so kann das Bezirksamt eine vorläufige Unterbringung
längstens bis zum Ablauf des auf die Unterbringung folgenden Tages anordnen.
(2) Kann das Bezirksamt die Unterbringung nach Absatz 1 nicht rechtzeitig anordnen, so kann auch der Polizeipräsident in
Berlin oder eine der in § 10 genannten Einrichtungen diese anord-nen. Die Unterbringung durch den Polizeipräsidenten in
Berlin ist nur zulässig, wenn sie auch ein Arzt für erforderlich hält. Der Arzt kann auch der aufnehmende Arzt der Einrichtung
sein. Die Einrichtung unterrichtet das Bezirksamt, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, unverzüglich über die Unterbringung.
(3) Der aufnehmende Arzt in der Einrichtung hat bei der Aufnahme unverzüglich zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die
Unterbringung vorliegen. Liegen sie nicht vor, ist der Betroffene zu entlassen.
(4) Das Bezirksamt hat unverzüglich die gerichtliche Anordnung der Unterbringung zu beantra-gen, wenn es die Unterbringung für
erforderlich hält.
(5) Personenbezogene Daten, die dem Polizeipräsidenten bei der vorläufigen Unterbringung nach Absatz 2 bekannt werden, dürfen
nur zum Vollzug dieses Gesetzes und zur Aufklärung von Straftaten verwendet, insbesondere offenbart werden.
(6) Stellt der behandelnde Arzt während der Unterbringung Tatsachen fest, die über die Zeit der Unterbringung hinaus die
Fahrtauglichkeit des Untergebrachten beeinträchtigen könnten, ist er befugt, der zuständigen Behörde davon Kenntnis zu geben.
Nach oben
4. Unterabschnitt Aufnahme und Betreuung während der Unterbringung
Die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a wird von dem Bezirksamt durchgeführt; im Falle des § 26 Abs. 2 veranlasst
der Polizeipräsident in Berlin die Beförderung in die Einrich-tung. Ist die behördliche Unterbringung nach § 26 Abs. 2 von
der Einrichtung angeordnet wor-den, so ist von ihr auch die Durchführung zu veranlassen. Bei der Vollziehung der
gerichtlichen und behördlichen Anordnung kann unmittelbarer Zwang nach den Vorschriften des Gesetzes über die Anwendung
unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Voll-zugsbeamte des Landes Berlin (UZwG) vom 22. Juni 1970
(GVBl. S. 921), geändert durch Ge-setz vom 26. November 1974 (GVBl. S. 2746), angewendet werden.
Nach oben
(1) Die Unterbringung wird unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte den allge-meinen Lebensverhältnissen soweit
wie möglich angeglichen. Hierzu gehört auch der regelmä-ßige Aufenthalt im Freien. Die Bereitschaft des Untergebrachten, an
der Erreichung des Unter-bringungszieles mitzuwirken, soll geweckt und sein Verantwortungsbewusstsein für ein geordnetes
Zusammenleben gefördert werden.
(2) Während der Unterbringung fördert die Einrichtung die Aufrechterhaltung bestehender und die Anbahnung neuer sozialer
Kontakte des Untergebrachten, soweit sie der Wiedereingliederung dienen.
(3) Während der Unterbringung erhalten Untergebrachte Leistungen nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes,
insbesondere einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung.
Nach oben
Der Untergebrachte unterliegt nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen. Ihm dürfen nur solche Beschränkungen
auferlegt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Unter-bringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der
Einrichtung unerlässlich sind. Die Vor-schriften des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung
öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG) finden insoweit Anwendung. Der Einsatz der in § 2 Abs. 3 UZwG
besonders aufgeführten Hilfsmittel der körperlichen Gewalt mit Ausnahme der Fesseln ist unzulässig; der Einsatz der Mittel
nach § 2 Abs. 4 UZwG ist ebenfalls unzulässig.
Nach oben
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass der Untergebrachte
sich selbst tötet oder ernsthaft verletzt oder gewalttä-tig wird oder die Einrichtung ohne Erlaubnis verlassen wird und wenn
dieser Gefahr nicht anders begegnet werden kann.
(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:
1. die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
2. die Wegnahme von Gegenständen,
3. die Absonderung in einen besonderen Raum,
4. die Fixierung.
(3) Jede besondere Sicherungsmaßnahme ist befristet anzuordnen, ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die
Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind zu
dokumentieren. Von jeder Anordnung ist der Rechtsanwalt des Untergebrachten unverzüglich zu benachrichtigen.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat Anspruch auf die notwendige Behandlung. Die Behandlung schließt die dazu notwendigen Untersuchungen
sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutische, heil-pädagogische und psychotherapeutische Maßnahmen ein. Die Behandlung
wegen der Erkrankung, die zu seiner Unterbringung geführt hat, erfolgt nach einem Behandlungsplan. Der Behandlungsplan soll
mit dem Untergebrachten und auf seinen Wunsch mit seinem gesetzlichen Vertreter erörtert werden.
(2) Behandlungsmaßnahmen bedürfen des Einvernehmens mit dem Untergebrachten oder sei-nem gesetzlichen Vertreter. Unaufschiebbare
Behandlungsmaßnahmen hat der Untergebrachte zu dulden, soweit sie sich auf die Erkrankung, die zu seiner Unterbringung
geführt hat, beziehen. Der Rechtsanwalt des Untergebrachten ist unverzüglich zu informieren.
(3) Ärztliche Eingriffe und Behandlungsverfahren nach Absatz 2 Satz 2, die mit Lebensgefahr oder einer erheblichen Gefahr für
die Gesundheit verbunden sind, dürfen nur mit rechtswirksa-mer Einwilligung des Untergebrachten oder, falls er die Bedeutung
und Tragweite des Eingriffs und der Einwilligung nicht beurteilen kann, des gesetzlichen Vertreters in den persönlichen
Angelegenheiten vorgenommen werden.
(4) Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Untergebrachten in ihrem Kernbereich ändern würde, ist unzulässig.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht, seine persönliche Kleidung zu tragen.
(2) Der Untergebrachte hat das Recht, persönliche Gegenstände in seinem Zimmer aufzube-wahren. Dieses Recht kann
eingeschränkt werden, wenn gesundheitliche Nachteile für ihn zu befürchten sind oder die Sicherheit der Einrichtung oder ein
geordnetes Zusammenleben in der Einrichtung erheblich gefährdet wird.
Nach oben
Der Untergebrachte hat das Recht, innerhalb der Einrichtung am Gottesdienst und an den Veranstaltungen von Religions- und
Glaubensgemeinschaften teilzunehmen.
Nach oben
(1) Das Recht des Untergebrachten, Besuch zu empfangen, darf nur eingeschränkt werden, wenn seine Gesundheit oder die
Sicherheit der Einrichtung erheblich gefährdet ist.
(2) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Sicherheit der Einrichtung gefährdet wird, so kann ein Besuch davon abhängig gemacht
werden, dass sich der Besucher durchsuchen lässt.
(3) Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit der Einrichtung über-wacht werden. Die Übergabe von
Gegenständen beim Besuch kann von der Erlaubnis der Einrichtung abhängig gemacht werden.
(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn durch die Fortsetzung die Sicherheit der Ein-richtung gefährdet wird oder
gesundheitliche Nachteile für den Untergebrachten zu befürchten sind.
(5) Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer den Unterge-brachten betreffenden Rechtssache sind
zu gestatten. Absatz 2 und Absatz 3 Satz 2 finden Anwendung. Eine inhaltliche Überprüfung der von Verteidiger, Rechtsanwalt
oder Notar mitge-führten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht, Schreiben unbeschränkt und ungeöffnet abzusenden und zu empfangen.
(2) Der Schriftwechsel des Untergebrachten mit Gerichten, seinem Rechtsanwalt, seinem Ver-teidiger und dem Patientenfürsprecher
unterliegt keiner Einschränkung. Dies gilt für Schreiben an Volksvertretungen des Bundes, der Länder und der
Bezirksverordnetenversammlungen sowie an deren Mitglieder, an die die Aufsicht ausübenden Organe, an die Europäische
Kommission für Menschenrechte sowie bei ausländischen Staatsangehörigen für Schreiben an die konsularische und diplomatische
Vertretung des Heimatlandes.
(3) Der übrige Schriftwechsel darf nur im Bereich des Untergebrachten und nur dann eingese-hen werden, wenn Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die Gefahr des Einschmuggelns von Suchtstoffen oder gefährlichen Gegenständen oder der Verabredung von
Straftaten besteht. Solche Schreiben können angehalten werden, wenn sie für den Untergebrachten gesundheitliche Nachteile
befürchten lassen oder geeignet sind, die Sicherheit der Einrichtung erheblich zu gefährden. Angehaltene Schreiben werden an
den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus den Gründen des Satzes 2 untunlich ist, aufbewahrt.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht, Telefongespräche zu führen oder Telegramme auf-zugeben sowie Päckchen, Pakete und
bildliche Darstellungen abzusenden und zu empfangen. Im übrigen gelten für Telefongespräche die Vorschriften über den Besuch,
für Telegramme, Päckchen, Pakete und bildliche Darstellungen die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend.
(2) Absatz 1 gilt für andere Arten der Nachrichtenüberrmittlung sinngemäß.
Nach oben
(1) Um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen, soll die Unterbringung nach Möglichkeit aufgelockert und weitgehend in
freien Formen durchgeführt werden, sobald der Zweck der Unterbringung es zulässt.
(2) Der Untergebrachte soll
1. im Falle der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a nach Anhörung des Bezirksamtes,
2. im Falle der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde
offen untergebracht werden, wenn dies seiner Behandlung dient, er den damit verbundenen Anforderungen genügt und nicht zu
befürchten ist, dass er die Möglichkeit der offenen Unter-bringung missbraucht. Gegen den Willen des Untergebrachten ist die
Verlegung in die offene Unterbringung nicht zulässig. Im Falle der Nummer 1 ist die Verlegung in die offene Unterbringung
dem Gericht mitzuteilen.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte kann durch die Einrichtung bis zu zwei Wochen beurlaubt werden, wenn der Gesundheitszustand und die
persönlichen Verhältnisse des Untergebrachten es rechtfertigen und ein Missbrauch des Urlaubsrechts nicht zu befürchten ist.
Die Beurlaubung kann mit Auflagen verbunden werden.
(2) Die Beurlaubung von mehr als zwei Wochen bedarf
1. im Falle der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a der vorherigen Anhörung des Bezirksamtes,
2. im Falle der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b der vorherigen Anhörung der Vollstreckungsbehörde.
Im Falle der Nummer 1 ist die Beurlaubung dem Gericht mitzuteilen.
(3) Die Beurlaubung soll widerrufen werden, wenn der Beurlaubte die Auflage nicht oder nicht vollständig erfüllt hat oder
sein Gesundheitszustand sich wesentlich verschlechtert hat oder ein Missbrauch des Urlaubsrechts zu befürchten ist.
(4) Von der bevorstehenden Beurlaubung und dem Widerruf der Beurlaubung sind das Be-zirksamt und der gesetzliche Vertreter
des Untergebrachten rechtzeitig zu unterrichten.
Nach oben
(1) Das für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats beruft eine beratende Kom-mission. Die Kommission setzt sich
aus drei in der Psychiatrie tätigen Ärzten mit langjähriger klinischer Erfahrung zusammen. Für jedes Mitglied ist mindestens
ein Ersatzmitglied zu bestel-len.
(2) Die Kommission berät auf Wunsch die Einrichtung vor der Entscheidung über Lockerungen in den Fällen der §§ 36 und 37. Das
für das Gesundheitswesen zuständige Mitglied des Senats regelt das Nähere über die Berufung und die Aufgaben sowie die
Entschädigung der Mitglieder der beratenden Kommission durch Rechtsverordnung.
(3) Die Kommission oder ein von ihr bestimmtes Mitglied verschafft sich einen persönlichen Eindruck von dem Untergebrachten.
Nach oben
(1) Die Einrichtung soll mit Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Mitglieds des Senats eine Hausordnung erlassen.
Die Hausordnung kann insbesondere Regelungen über die Einbringung von Sachen, Ausgestaltung der Räume, Einkaufsmöglichkeiten,
Rauch- und Alkoholverbot, Besuchszeiten, Telefonverkehr, Freizeitgestaltung und den regelmäßigen Aufenthalt im Freien enthalten.
Mitarbeitern und Patienten ist Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben.
(2) Durch die Hausordnung dürfen Rechte des Untergebrachten nicht weiter eingeschränkt werden als nach diesem Gesetz zulässig.
Nach oben
(1) Dem Patientenfürsprecher nach § 25 Landeskrankenhausgesetz in der Fassung vom 1.September 1986 (GVBl. S. 1533),
zuletzt geändert durch das Gesetz vom 13. November 1990 (GVBl. S. 2265), werden in psychiatrischen Krankenhäusern und
psychiatrischen Abteilungen in einem Krankenhaus zwei bis vier weitere sachkundige Personen zugeordnet. Der
Patientenfürsprecher und die in Satz 1 genannten Personen wirken über die in § 25 Abs. 2 Lan-deskrankenhausgesetz genannten
Aufgaben hinaus bei der Gestaltung der Unterbringung beratend mit. Sie unterstützen die Einrichtung durch Anregungen und
Verbesserungsvorschläge, insbesondere hinsichtlich des therapeutischen Klimas und helfen bei der Eingliederung der Patienten
nach der Entlassung und bei der Aufklärung der Öffentlichkeit über die Probleme psychisch Kranker.
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen werden unter Mitwirkung der psychosozialen Arbeitsgemeinschaften der
aufnahmeverpflichtenden Bezirke gemeinsam mit dem Patientenfür-sprecher und in gleicher Weise wie dieser von der
Bezirksverordnetenversammlung gewählt. § 25 Abs. 3 Landeskrankenhausgesetz findet auf sie Anwendung.
Nach oben
Aufgehoben
Nach oben
5. Unterabschnitt Beendigung der Unterbringung
Aufgehoben
Nach oben
Ist die Unterbringungsfrist abgelaufen oder der Unterbringungsbeschluss nach § 70 i des Ge-setzes über die Angelegenheit der
freiwilligen Gerichtsbarkeit vorzeitig aufgehoben, so ist der Untergebrachte zu entlasen, wenn er nicht freiwillig in der
stationären Behandlung verbleiben will.
Nach oben
Die Einrichtung teilt dem Bezirksamt im Einvernehmen mit dem zu entlassenden Untergebrach-ten die bereits eingeleiteten
Maßnahmen mit und ersucht dieses, unverzüglich für die ambulan-te Betreuung zu sorgen und nachgehende Hilfen in die Wege
zu leiten.
Nach oben
Vierter Abschnitt
Aufgehoben
Nach oben
Fünfter Abschnitt Durchführung freiheitsentziehender Maßnahmen
Für die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b gelten die §§ 28 - 40 entsprechend.
Nach oben
Sechster Abschnitt Kosten
Aufgehoben
Nach oben
Aufgehoben
Nach oben
Die Kosten der Unterbringung in einer Einrichtung und die Kosten für die nach diesem Gesetz erforderlichen Untersuchungen
trägt der Untergebrachte, soweit nicht ein Träger der Sozialver-sicherung oder ein sonstiger Dritter zur Kostentragung
verpflichtet ist.
Nach oben
Siebenter Abschnitt Übergangs- und Schlussvorschriften
Die Verwaltungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes erlässt das für das Gesundheits-wesen zuständige Mitglied des
Senats im Einvernehmen mit dem Senator für Justiz.
Nach oben
Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf Freiheit der Person und auf körperliche Un-versehrtheit
(Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes, Artikel 9 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin), auf Unverletzlichkeit des
Briefgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 10 der Verfassung von Berlin) und auf Unverletzlichkeit der
Wohnung (Artikel 13 des Grundgeset-zes, Artikel 19 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung von Berlin) eingeschränkt.
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