Bremen
Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung anderer Gesetze (PsychKG)
Vom 19. Dezember 2000
Zuletzt geändert durch Art. 1 G zur Änd. des PsychKG und des KrebsregisterG vom 28. 6. 2005 (Brem.GBl. S. 306)
(Brem.GBl. S. 471)
Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:
Teil 1: Allgemeines
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Fürsorgegrundsatz
Teil 2: Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke
§ 3 Träger der Hilfen und Schutzmaßnahmen
§ 4 Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes
§ 5 Hilfen
§ 6 Rechtsanspruch auf Hilfen
§ 7 Schutzmaßnahmen
Teil 3: Unterbringung und Maßregelvollzug
§ 8 Begriff der Unterbringung
§ 9 Voraussetzungen der Unterbringung
§ 10 Zweck der Unterbringung
§ 11 Zweck des Maßregelvollzuges
§ 12 Rechts- und Pflichtenbelehrung der Patientin oder des Patienten
§ 13 Einrichtungen
§ 14 Unterbringungsverfahren
§ 15 Vollzug der Unterbringung
§ 16 Sofortige Unterbringung
§ 17 Fürsorgliche Zurückhaltung
§ 18 Maßnahmen vor Beginn der Unterbringung
Teil 4: Betreuung während der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
§ 19 Entscheidungsbefugnisse
§ 20 Rechtsstellung der Patientin oder des Patienten
§ 21 Eingangsuntersuchung
§ 22 Behandlung
§ 23 Behandlungsplan
§ 24 Gestaltung der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
§ 25 Begleitende Hilfen während der Unterbringung
§ 26 Persönlicher Besitz
§ 27 Recht auf Postverkehr
§ 28 Recht auf Besuch
§ 29 Beurlaubung und Ausgang
§ 30 Hausordnung
§ 31 Besondere Schutz- und Sicherungsmaßnahmen
§ 32 Durchsuchung und Untersuchung
§ 33 Voraussetzung des unmittelbaren Zwangs
Teil 5: Psychiatrieplan, Psychiatrieausschuss, Besuchskommission, Beschwerderecht
§ 34 Psychiatrieplan
§ 35 Psychiatrieausschuss
§ 36 Besuchskommission
§ 37 Beschwerderecht
Teil 6: Beendigung der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
§ 38 Entlassung
§ 39 Entlassungsvorbereitung
§ 40 Nachgehende Hilfe
Teil 7: Besondere Bestimmungen für den Maßregelvollzug
§ 41 Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung
§ 42 Gewährung von Arbeitsentgelt und Zuwendungen bei Eingliederungsmaßnahmen für Maßregelvollzugspatienten
§ 43 Vollstreckungsplan
§ 44 Verlegung
§ 45 Maß des Freiheitsentzuges
Teil 8: Datenschutz
§ 46 Grundsatz
§ 47 Besondere Zweckbindung
§ 48 Benachrichtigung
§ 49 Datenschutz im Maßregelvollzug
Teil 9: Kosten
§ 50 Kosten der Hilfen, der ärztlichen Behandlung und der Unterbringung
§ 51 Kosten des Maßregelvollzuges
Teil 10: Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 52 Einschränkung von Grundrechten
§ 53 Überleitung anhängiger Verfahren
§ 54 Außer-Kraft-Treten
Teil 1: Allgemeines
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz regelt
1.Hilfen für psychische Kranke, die wegen der Besonderheit psychischer Störungen und zur
Erlangung der Ansprüche psychisch Kranker notwendig sind, um Erkrankungen zu heilen, deren
Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern und Wiedereingliederung zu
fördern,
2.Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke,
3.die Unterbringung psychisch Kranker und
4.den Vollzug von Maßregeln nach den §§ 63, 64 des Strafgesetzbuches sowie § 7 des
Jugendgerichtsgesetzes (Maßregelvollzug).
(2) Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die an einer Psychose, einer
Suchtkrankheit, einer anderen krankhaften seelischen Störung oder an einer seelischen Behinderung
leiden oder gelitten haben oder bei denen Anzeichen einer solchen Krankheit, Störung oder Behinderung
vorliegen.
Nach oben
§ 2 Fürsorgegrundsatz
1Bei allen Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes ist auf die individuelle Situation der psychisch Kranken
besondere Rücksicht zu nehmen. 2Ihr Wille und ihre Würde sind zu achten. 3Ihre Persönlichkeitsrechte
sind zu wahren.
Nach oben
Teil 2: Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke
(1) Die Aufgaben nach den §§ 5 und 7 dieses Gesetzes erfüllen die Stadtgemeinden Bremen und
Bremerhaven als Auftragsangelegenheiten.
(2) 1Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales bestimmt in der Stadtgemeinde
Bremen die zuständige Behörde oder Einrichtung. 2In der Stadtgemeinde Bremerhaven ist der Magistrat
die zuständige Behörde.
(3) Hilfen und Schutzmaßnahmen werden durch den Sozialpsychiatrischen Dienst oder durch das
regionale Psychiatrische Behandlungszentrum, in das der Sozialpsychiatrische Dienst integriert ist
(Sozialpsychiatrischer Dienst), durchgeführt und vermittelt.
(4) 1Die Durchführung von Hilfen und Schutzmaßnahmen kann anderen Einrichtungen in öffentlichrechtlicher
Trägerschaft übertragen werden. 2Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und
Soziales kann geeigneten juristischen Personen des privaten Rechts mit deren Zustimmung widerruflich
die Befugnis verleihen, die Durchführung von Hilfen und Schutzmaßnahmen in eigenem Namen und in
Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen. 3Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales überträgt die Aufgaben nach Satz 1 und 2 durch Verwaltungsakt oder öffentlichrechtlichen
Vertrag. 4Geeignet sind Einrichtungen, die die notwendige Fachkunde und Zuverlässigkeit
nachweisen. 5Das Nähere regelt der jeweilige Rechtsakt, mit dem die Aufgaben übertragen werden. 6Der
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales übt die Fachaufsicht aus.
Nach oben
(1) Aufgabe des Sozialpsychiatrischen Dienstes ist es,
1.Hilfen nach § 5 anzubieten oder Hilfen zu vermitteln, wenn psychisch Kranke oder ihnen
nahestehende Personen diese Hilfen in Anspruch nehmen wollen oder ihm bekannt wird, dass eine
Person dieser Hilfen bedarf und
2.die Schutzmaßnahmen nach § 7 durchzuführen.
(2) Der Sozialpsychiatrische Dienst kann im Rahmen von Vereinbarungen zusätzliche Leistungen
erbringen, die ihm von anderen Versorgungsträgern übertragen werden.
Nach oben
(1) Im Rahmen einer bedarfsgerechten Versorgung für psychisch Kranke, zu der beratende, ambulant
und stationär behandelnde, komplementäre und rehabilitative Angebote gehören, sind individuelle und
institutionelle Hilfen gemeinde- und wohnortnah vorzuhalten.
(2) Ziel der Hilfen ist es, durch rechtzeitige und umfassende Beratung und Betreuung sowie durch
Vermittlung oder Durchführung geeigneter Maßnahmen, insbesondere von Behandlung,
1.die selbständige Lebensführung beeinträchtigende und die persönliche Freiheit einschränkende
Maßnahmen entbehrlich zu machen (vorsorgende Hilfen),
2.solche Maßnahmen zu verkürzen (begleitende Hilfen) oder
3.nach solchen Maßnahmen die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft zu erleichtern und zu
fördern (nachgehende Hilfen).
(3) 1Die Hilfen sind in Kooperation mit anderen Anbietern und Trägern von Hilfen und Leistungen für
psychisch Kranke zu erbringen. 2Die Träger der Hilfen und Schutzmaßnahmen beteiligen sich an der
Koordination der Hilfs- und Leistungsangebote für psychisch Kranke. 3Zu den Hilfen gehören
insbesondere:
1.Abhalten von regelmäßigen Sprechstunden unter der Leitung einer Fachärztin oder eines
Facharztes für Psychiatrie, ausnahmsweise einer in der Psychiatrie erfahrenen Ärztin oder eines in
der Psychiatrie erfahrenen Arztes,
2.Vornahme von Hausbesuchen, wenn dies zur Durchführung der Hilfen angezeigt ist,
3.Vermittlung von Hilfen und Leistungen für psychisch Kranke, die von anderen Anbietern und
Trägern erbracht werden,
4.Kooperation mit Anbietern und Trägern von Hilfen und Leistungen für psychisch Kranke,
5.Beteiligung an der Koordination der Hilfs- und Leistungsangebote für psychisch Kranke.
(4) 1Hilfen sind nur insoweit bereitzustellen, als psychisch Kranke Leistungen nach dem
Sozialgesetzbuch nicht nutzen können oder von diesen nicht erreicht werden. 2Es ist darauf hinzuwirken,
dass die Hilfen oder deren Kosten als Regelleistungen von anderen Anbietern oder Leistungsträgern
übernommen werden.
(5) 1Die Hilfen sind so auszugestalten, dass sie den Bedürfnissen der psychisch Kranken und den
Besonderheiten ihrer Störungen gerecht werden. 2Eine stationäre Behandlung soll nur dann vermittelt
werden, wenn das Ziel der Hilfen nicht auf anderem Wege erreicht werden kann.
(6) Psychisch Kranken nahestehende Personen sollen entlastet, unterstützt, ihre Bereitschaft zur
Mitwirkung bei den Hilfen erhalten und gefördert werden.
(7) Ehrenamtliche Hilfe, Angehörigenarbeit und Selbsthilfe sind zu fördern und in die Versorgung
psychisch Kranker einzubeziehen.
Nach oben
(1) 1Auf die Hilfen nach diesem Gesetz besteht ein Rechtsanspruch. 2Art, Ausmaß und Dauer der Hilfen
richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles.
(2) Psychisch Kranke haben das Recht, die Hilfen abzulehnen.
(3) Die Hilfen sind zu leisten, sobald einem Träger der Hilfen und Schutzmaßnahmen bekannt wird,
dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfen vorliegen.
Nach oben
(1) 1Wenn gewichtige Anzeichen dafür vorhanden sind, dass eine psychisch kranke Person ihre
Gesundheit, ihr Leben oder andere eigene bedeutende Rechtsgüter oder bedeutende Rechtsgüter Dritter
zu gefährden droht, hat der Sozialpsychiatrische Dienst
1.zunächst die betroffene Person aufzufordern, sich beraten und bei einer Ärztin oder einem Arzt
ihrer Wahl untersuchen zu lassen,
2.wenn die betroffene Person dieser Aufforderung nicht folgt, einen Hausbesuch vorzunehmen und
3.wenn angezeigt, eine ärztliche Untersuchung durchzuführen.
2Im begründeten Ausnahmefall kann von der vorstehenden Reihenfolge abgewichen werden.
(2) 1Die von der zuständigen Behörde beauftragten Personen sind befugt, die Wohnung der betroffenen
Person zu betreten und die betroffene Person ärztlich zu untersuchen, wenn gewichtige Anhaltspunkte
dafür vorhanden sind, dass dies zur Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für Gesundheit, Leben oder
andere bedeutende Rechtsgüter der betroffenen Person aufgrund ihrer psychischen Erkrankung
erforderlich ist. 2Das gleiche gilt, wenn eine gegenwärtige Gefahr für Gesundheit, Leben oder andere
bedeutende Rechtsgüter Dritter besteht.
(3) 1Wird eine psychische Erkrankung festgestellt und ist zu befürchten, dass die betroffene Person ihre
Gesundheit, ihr Leben oder andere eigene bedeutende Rechtsgüter oder bedeutende Rechtsgüter Dritter
aufgrund ihrer psychischen Erkrankung gefährdet, ist sie aufzufordern, sich in ambulante oder stationäre
Behandlung zu begeben. 2Dem Behandelnden werden die Untersuchungsergebnisse mitgeteilt.
(4) Folgt die betroffene Person der Aufforderung nach Absatz 3 Satz 1 nicht und liegen hinreichende
Tatsachen dafür vor, dass eine Unterbringung in Betracht kommen kann, ist die Ortspolizeibehörde zu
unterrichten.
Nach oben
Teil 3: Unterbringung und Maßregelvollzug
(1) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn eine psychisch kranke Person gegen
ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in ein psychiatrisches Krankenhaus oder in eine
psychiatrische Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses eingewiesen und dort zurückgehalten wird.
(2) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt auch dann vor, wenn die Einweisung oder das
Zurückhalten ohne Einwilligung des oder der Personensorgeberechtigten oder, soweit die betroffene
Person nicht einwilligungsfähig ist, ohne Zustimmung eines anderen gesetzlichen Vertreters erfolgt,
dessen Aufgabenkreis das Recht zur Aufenthaltsbestimmung umfasst.
(3) Das Gericht kann die Zurückhaltung einer psychisch kranken Person in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder in einer psychiatrischen Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses nach § 70k Abs. 1
des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit der Auflage einer ambulanten
oder teilstationären Behandlung aussetzen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
hierdurch der Zweck der Unterbringung nach § 10 ohne die Zurückhaltung der psychisch kranken Person
in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer psychiatrischen Abteilung eines
Allgemeinkrankenhauses erreicht werden kann.
(4) 1Die für die psychisch kranke Person, deren Zurückhaltung nach Absatz 3 ausgesetzt ist,
zuständige Einrichtung nach § 13 überwacht die Einhaltung der Auflage und führt diese durch. 2Der § 22
Abs. 1, 2 und 5 und die §§ 23 und 25 finden bei einer Aussetzung der Zurückhaltung im ambulanten
Bereich entsprechende Anwendung. 3Im teilstationären Bereich gilt darüber hinaus § 26 Abs. 1
entsprechend.
(5) Das Gericht kann nach § 70k Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit die Aussetzung der Zurückhaltung nach Absatz 3 widerrufen, wenn die Patientin oder der
Patient die vom Gericht angeordnete Auflage einer ambulanten oder teilstationären Behandlung nicht
erfüllt.
(6) Wird die Aussetzung nach Absatz 3 durch das Gericht aufgehoben, weil die Patientin oder der
Patient die Auflage nicht erfüllt, findet § 15 entsprechende Anwendung.
Nach Oben
(1) Eine Unterbringung nach diesem Gesetz kommt in Betracht, wenn Hilfen und Schutzmaßnahmen
erfolglos waren, nicht durchgeführt werden konnten oder nicht möglich sind und die Voraussetzungen
nach Absatz 2 vorliegen.
(2) Die Unterbringung einer psychisch kranken Person ist nur zulässig, wenn und solange durch ihr
krankheitsbedingtes Verhalten eine gegenwärtige Gefahr für
1.ihr Leben oder ihre Gesundheit oder
2.die Gesundheit, das Leben oder andere bedeutende Rechtsgüter Dritter besteht und diese Gefahr
nicht anders abgewendet werden kann
.
(3) Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von Absatz 2 besteht dann, wenn infolge der psychischen
Erkrankung ein schadenstiftendes Ereignis bereits eingetreten ist, unmittelbar bevorsteht oder zwar
zeitlich nicht vorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist.
(4) Die fehlende Bereitschaft, sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, oder die
regelmäßige Einnahme schädigender Substanzen im Zusammenhang mit einer Suchterkrankung
rechtfertigen für sich allein keine Unterbringung.
(5) Eine Unterbringung nach diesem Gesetz darf nicht angeordnet oder muss aufgehoben werden, wenn
Maßnahmen nach den §§ 126a und 453c der Strafprozessordnung, nach § 7 des Jugendgerichtsgesetzes
oder nach den §§ 63, 64 und 66 des Strafgesetzbuches getroffen werden.
Nach oben
Zweck der Unterbringung ist es, durch Heilung, Besserung, Linderung oder Verhütung der
Verschlimmerung der psychischen Krankheit oder der seelischen Behinderung der Patientin oder des
Patienten die in § 9 genannten Gefahren abzuwenden.
nach oben
Der Maßregelvollzug ist darauf auszurichten,die Patientin oder den Patienten zur Erreichung des
Vollzugszieles nach § 136 Satz 2 und § 137 des Strafvollzugsgesetzes insbesondere durch ärztliche,
psychotherapeutische, soziotherapeutische oder heilpädagogische Maßnahmen zu behandeln sowie sie
oder ihn sozial und beruflich einzugliedern.
Nach oben
1Die Patientin oder der Patient ist über ihre oder seine Rechte und Pflichten während des
Unterbringungsverfahrens, der Unterbringung und des Maßregelvollzuges zu belehren, soweit dies der
Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten erlaubt. 2Die Belehrung ist zu dokumentieren und
von der Patientin oder dem Patienten mit Unterschrift zu bestätigen.
§ 13 Einrichtungen
(1) 1Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales bestimmt die an der
Unterbringung und im Einvernehmen mit dem Senator für Justiz und Verfassung die an dem
Maßregelvollzug beteiligten Einrichtungen. 2Geeigneten Einrichtungen in nicht öffentlich-rechtlicher
Trägerschaft kann mit deren Zustimmung widerruflich die Befugnis verliehen werden, diese Aufgabe in
eigenem Namen und in Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen. 3Ausgenommen sind
Entscheidungsbefugnisse im Rahmen des Maßregelvollzugs, für die das Gesetz die Wahrnehmung durch
die ärztliche Leiterin oder den ärztlichen Leiter vorsieht, sowie entsprechende pflegerische
Entscheidungen. 4Satz 3 findet keine Anwendung auf die Unterbringung von einzelnen
Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten, die auf Stationen der regionalen psychiatrischen
Behandlungszentren befristet behandelt und gesichert werden. 5Der Senator für Arbeit, Frauen,
Gesundheit, Jugend und Soziales überträgt diese Aufgaben durch Verwaltungsakt oder öffentlichrechtlichen
Vertrag. 6Geeignet sind Einrichtungen, die die notwendige Fachkunde und Zuverlässigkeit
nachweisen. 7Das Nähere regelt der jeweilige Rechtsakt, mit dem die Aufgaben übertragen werden. 8Der
Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales übt die Fachaufsicht aus.
(2) Einrichtungen für die Unterbringung sind die regional zuständigen psychiatrischen Krankenhäuser,
psychiatrischen Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern und psychiatrischen Behandlungszentren, die
stationäre psychiatrische Behandlungsformen vorhalten.
(3) 1Einrichtungen für den Maßregelvollzug sind insbesondere psychiatrische Krankenhäuser und
Allgemeinkrankenhäuser mit einer psychiatrischen Abteilung. 2Darüber hinaus können es Einrichtungen
kommunaler oder freier Träger sein die der psychiatrischen, psychotherapeutischen oder
soziotherapeutischen Behandlung, Betreuung oder Rehabilitation dienen.
(4) 1Mit anderen Bundesländern können Vollzugsgemeinschaften zur Durchführung des
Maßregelvollzuges gegründet werden. 2Die Maßregeln können aufgrund besonderer Vereinbarungen auch
in Einrichtungen außerhalb des Landes Bremen vollzogen werden.
(5) 1Die Einrichtungen müssen so ausgestattet sein, dass eine auf die unterschiedlichen Anforderungen
abgestimmte Behandlung und Betreuung der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist. 2Dies
schließt sowohl notwendige Sicherungsmaßnahmen als auch die Möglichkeit der offenen Unterbringung
ein.
(6) Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtungen sollen die für ihre Tätigkeit notwendigen
zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt werden.
Nach oben
(1) Die Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung durch das zuständige Gericht erfolgt nur
auf Antrag der Ortspolizeibehörde und unter den Voraussetzungen nach § 9.
(2) 1Der Antrag ist zu begründen, das Ermittlungsergebnis und ein Zeugnis einer Fachärztin oder eines
Facharztes für Psychiatrie sind beizufügen. 2Ein entsprechendes Zeugnis kann auch von einer Ärztin oder
einem Arzt erstellt werden, die in einem psychiatrischen Fachdienst tätig sind. 3Aus dem Zeugnis muss
hervorgehen, aus welchen Tatsachen und ärztlichen Beurteilungen sich ergibt, dass die Unterbringung
geboten ist.
(3) Vor Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gibt das Gericht neben den in § 70d des Gesetzes
über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Personen und Stellen
1. dem Sozialpsychiatrischen Dienst, der behandelnden niedergelassenen Ärztin, dem
behandelnden niedergelassenen Arzt, der behandelnden niedergelassenen Psychotherapeutin oder
dem behandelnden niedergelassenen Psychotherapeuten und
2.der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt der Einrichtung, sofern eine sofortige
Unterbringung vorgenommen worden ist oder die Patientin oder der Patient sich schon in der
Einrichtung befindet, Gelegenheit zur Äußerung.
Nach oben
(1) 1Die vom Gericht angeordnete Unterbringung soll möglichst wohnortnah erfolgen. 2Sie wird von der
Ortspolizeibehörde vollzogen. 3Der Verfahrenspfleger und der Sozialpsychiatrische Dienst sind zu
unterrichten. 4Hat die Patientin oder der Patient einen Rechtsanwalt beauftragt, ist auch dieser zu
unterrichten.
(2) 1Der Vollzug durch die Ortspolizeibehörde endet mit der Aufnahme in der zuständigen Einrichtung.
2Der weitere Vollzug erfolgt durch die Einrichtung.
Nach oben
(1) Eine Unterbringung ohne vorherige gerichtliche Entscheidung (sofortige Unterbringung) kann von
der Ortspolizeibehörde vorgenommen werden, wenn
1.eine gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann,
2.die sofortige Unterbringung das einzige Mittel ist, um die von der psychisch kranken Person
aufgrund ihres krankheitsbedingten Verhaltens ausgehende gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 9
abzuwenden und
3.ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand der psychisch kranken Person aufgrund einer
frühestens am Vortage durchgeführten Untersuchung vorliegt.
(2) 1Nimmt die Ortspolizeibehörde eine sofortige Unterbringung vor, so hat sie unverzüglich beim
Gericht einen Antrag auf Anordnung einer Unterbringung zu stellen. 2Die betroffene Person ist in
geeigneter Weise zu unterrichten. 3Ihr ist Gelegenheit zu geben, Angehörige oder eine sonstige Person
ihres Vertrauens zu benachrichtigen. 4Bei Minderjährigen sind die Personensorgeberechtigten zu
unterrichten. 5Entsprechend ist bei Personen zu verfahren, für die ein gesetzlicher Vertreter bestellt ist,
dessen Aufgabenkreis das Recht zur Aufenthaltsbestimmung oder die Sorge für die Gesundheit umfasst.
(3) 1Wird eine Unterbringung nicht bis zum Ablauf des auf den Beginn der sofortigen Unterbringung
folgenden Tages durch das Gericht angeordnet, ist die Patientin oder Patient durch die ärztliche Leiterin
oder den ärztlichen Leiter der Einrichtung zu entlassen, es sei denn, sie oder er verbleibt aufgrund ihrer
oder seiner rechtswirksamen Einwilligung in der Einrichtung. 2Von der Entlassung sind das Gericht, die in
§ 14 Abs. 3 dieses Gesetzes und in § 70d des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit genannten Personen und Stellen, die Ortspolizeibehörde sowie die Ärztin oder der Arzt zu
benachrichtigen, die oder der die Patientin oder den Patienten vor der Unterbringung wegen ihrer oder
seiner psychischen Erkrankung behandelt hat.
(4) Lehnt das Gericht den Antrag der Ortspolizeibehörde nach Absatz 2 ab, hat die ärztliche Leiterin
oder der ärztliche Leiter der Einrichtung den Patienten sofort zu entlassen, es sei denn, er verbleibt
aufgrund seiner rechtswirksamen Einwilligung in der Einrichtung.
Nach oben
(1) 1Befindet sich eine Patientin oder ein Patient in der Einrichtung, ohne aufgrund dieses Gesetzes
untergebracht zu sein, so kann bei Gefahr im Verzug die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt
der Einrichtung unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 entscheiden, die Patientin oder
den Patienten gegen oder ohne ihren oder seinen Willen zurückzuhalten. 2Die Gründe hierfür sind zu
dokumentieren.
(2) 1Die Einrichtung hat unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses die Ortspolizeibehörde sofort zu
benachrichtigen. 2Für das weitere Verfahren gilt § 16 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
(3) Der Patientin oder dem Patienten ist durch die Einrichtung Gelegenheit zu geben, Angehörige oder
sonstige Personen ihres oder seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Nach oben
(1) Vor Beginn der Unterbringung ist der psychisch kranken Person der Grund der Unterbringung
mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, Angehörige oder Personen ihres Vertrauens zu
benachrichtigen.
(2) Bei einer Abholung der psychisch kranken Person aus ihrer Wohnung ist ihr Gelegenheit zu geben,
für die Zeit ihrer Abwesenheit Vorsorge zu treffen, soweit dies mit der Anordnung der Unterbringung
vereinbar ist.
(3) 1Ist die psychisch kranke Person nicht in der Lage, selbst Vorsorge für ihre häusliche Umgebung zu
treffen, und werden weder Angehörige noch sonstige Vertrauenspersonen von der Unterbringung
benachrichtigt, hat der Polizeivollzugsdienst zu prüfen, ob in der häuslichen Umgebung der
unterzubringenden Person durch ihre Abwesenheit Personen, Tiere oder Sachen gefährdet werden, und
die zur Abwehr dieser Gefahr erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. 2Zu diesem Zweck darf die
Wohnung der untergebrachten Person, die nicht erkennbar durch andere Personen betreut wird, durch
den Polizeivollzugsdienst betreten werden. 3Die Maßnahmen sollen mit der psychisch kranken Person
erörtert werden, soweit ihr Gesundheitszustand dies zulässt.
Teil 4: Betreuung während der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
1Für die Betreuung während der Unterbringung und des Maßregelvollzuges ist die ärztliche Leiterin oder
der ärztliche Leiter der Einrichtung verantwortlich. 2Sie oder er kann ihre oder seine
Entscheidungsbefugnisse auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertragen, sofern nicht das Gesetz die
Wahrnehmung von Aufgaben durch die ärztliche Leiterin oder durch den ärztlichen Leiter der Einrichtung
nach § 13 oder die behandlende Ärztin oder den behandelnden Arzt vorsieht.
Nach oben
(1) 1Die Patientin oder der Patient unterliegt während der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer oder seiner Freiheit. 2Diese müssen im
Hinblick auf den Zweck der Unterbringung und des Maßregelvollzuges oder zur Aufrechterhaltung der
Sicherheit der Einrichtung oder zur Abwehr einer Gefahr für das geordnete Zusammenleben in der
Einrichtung unerlässlich sein. 3Die Beschränkungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem
Zweck stehen und dürfen die Patientin oder den Patienten nicht mehr und nicht länger als notwendig
beeinträchtigen.
(2) 1Entscheidungen über die Eingriffe in die Rechte der Patientin oder des Patienten sind der
betroffenen Person und ihrem gesetzlichen Vertreter gegenüber schriftlich zu erlassen und zu begründen.
2Bei Gefahr im Verzug können Entscheidungen nach Satz 1 auch mündlich getroffen werden. 3Sie sind
unverzüglich schriftlich zu begründen.
Nach oben
(1) 1Die Patientin oder der Patient ist unverzüglich nach ihrer oder seiner Aufnahme ärztlich zu
untersuchen. 2Hierbei soll die Art der vorzunehmenden Behandlung festgelegt werden.
(2) Ergibt die ärztliche Untersuchung, dass die Voraussetzungen der Unterbringung nach § 9 nicht oder
nicht mehr vorliegen, hat die Einrichtung
1.die Ortspolizeibehörde, die die Unterbringung veranlasst hat,
2.die Ärztin oder den Arzt, die oder der die Person wegen ihrer psychischen Erkrankung vor der
Unterbringung behandelt hat,
3.das Gericht und
4.soweit vorher beteiligt, den Sozialpsychiatrischen Dienst sowie die in § 70d des Gesetzes über
die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Personen, soweit deren Anschriften
bekannt sind,
unverzüglich zu unterrichten sowie die betroffene Person sofort zu beurlauben.
Nach oben
(1) Während der Unterbringung und des Maßregelvollzuges hat die Patientin oder der Patient Anspruch
auf eine nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis notwendige, angemessene und rechtlich
zulässige Behandlung unter Berücksichtigung aller im Krankenhaus vorhandenen therapeutischen
Angebote; die Behandlung schließt die notwendigen Untersuchungen mit ein.
(2) 1Die Behandlung bedarf vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 3 und 4 der Einwilligung der
Patientin oder des Patienten. 2Bei Minderjährigen ist die Einwilligung der Personensorgeberechtigten in
die ärztliche Behandlung erforderlich. 3Kann die Patientin oder der Patient die Bedeutung und Tragweite
des Eingriffs und der Einwilligung nicht beurteilen und ist ein Betreuer bestellt, dessen Aufgabenkreis die
Sorge für die Gesundheit umfasst, so ist dessen Einwilligung in die ärztliche Behandlung erforderlich.
(3) Die Behandlung der Patientin oder des Patienten ist ohne ihre oder seine Einwilligung oder die ihres
oder seines gesetzlichen Vertreters bei gegenwärtiger Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der
Patientin oder des Patienten oder Dritter zulässig.
(4) 1Die Behandlung ist auch zulässig, soweit sie zur Erreichung des Zweckes der Unterbringung oder
des Maßregelvollzuges zwingend notwendig ist. 2Soweit die Patientin oder der Patient Einwendungen
erhebt, ist die Behandlung im Rahmen der Unterbringung nur mit Zustimmung des
Vormundschaftsgerichtes zulässig. 3Für Einwendungen gegen die Behandlung im Rahmen des
Maßregelvollzuges gilt § 138 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 109 bis 121 des Strafvollzugsgesetzes.
(5) 1Eine Behandlung, die die Persönlichkeit der psychisch kranken Person tiefgreifend und auf Dauer
schädigen könnte, ist unzulässig. 2Ebenfalls unzulässig ist eine Behandlung, die der Erprobung von
Arzneimitteln oder Verfahren dient.
(6) Eine Ernährung gegen den Willen der Patientin oder des Patienten ist nur zulässig, wenn sie
erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr für das Leben der Patientin oder des Patienten
abzuwenden.
(7) Kann eine Krankheit der Patientin oder des Patienten in einer Einrichtung nach § 13 nicht erkannt
oder behandelt werden, ist die Patientin oder der Patient in ein anderes Krankenhaus einzuweisen oder zu
verlegen, das über entsprechende Erkennungs- und Behandlungsmöglichkeiten verfügt.
Nach oben
(1) 1Die Behandlung erfolgt nach einem Behandlungsplan, der bei der Unterbringung unverzüglich und
im Maßregelvollzug spätestens sechs Wochen nach der Aufnahme zu erstellen ist. 2Der Behandlungsplan
ist mit der psychisch kranken Person und seinem gesetzlichen Vertreter zu erörtern, im Abstand von
längstens drei Monaten zu überprüfen und fortzuschreiben.
(2) 1Der Behandlungsplan hat die Persönlichkeit, das Alter, den Entwicklungsstand und die
Lebensverhältnisse der Patientin oder des Patienten zu berücksichtigen. 2Er umfasst auch die
erforderlichen Maßnahmen, die der Patientin oder dem Patienten nach der Entlassung ein
eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft ermöglichen sollen. 3Der Behandlungsplan enthält
Angaben insbesondere über:
1.die ärztliche, psychotherapeutische, soziotherapeutische oder heilpädagogische Behandlung,
2.die Einbeziehung von nahestehenden Personen in Behandlungsmaßnahmen,
3.Maßnahmen zur Freizeitgestaltung und
4.die in §§ 29 und 38 genannten Maßnahmen.
4Im Behandlungsplan für den Maßregelvollzug sind darüber hinaus Maßnahmen der beruflichen
Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung, die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung und die
in § 45 Abs. 2 genannten Maßnahmen aufzuführen.
Nach oben
(1) Die Unterbringung und der Maßregelvollzug sollen unter Berücksichtigung medizinischer,
therapeutischer und sicherungsbedingter Gesichtspunkte den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie
möglich angepasst werden, sofern der Zweck der Unterbringung und des Maßregelvollzuges dies zulässt.
(2) Kinder und Jugendliche sollen je nach Eigenart und Schwere ihrer Krankheit und nach ihrem
Entwicklungsstand untergebracht werden.
(3) Der Patientin oder dem Patienten ist regelmäßig Aufenthalt im Freien zu gewähren.
(4) Der Patientin oder dem Patienten soll Gelegenheit zu sinnvoller Beschäftigung gegeben werden.
Nach oben
Der Sozialpsychiatrische Dienst leistet der Patientin oder dem Patienten während der Unterbringung
begleitende Hilfen.
Nach oben
(1) 1Die Patientin oder der Patient hat das Recht, ihre oder seine persönliche Kleidung zu tragen und
persönliche Gegenstände sowie Geld und Wertsachen in ihrem oder seinem unmittelbaren Besitz zu
haben. 2Dieses Recht kann nur eingeschränkt werden, wenn und soweit für die Patientin oder den
Patienten gesundheitliche Nachteile zu befürchten, die Sicherheit der Einrichtung oder das geordnete
Zusammenleben in der Einrichtung gefährdet sind.
(2) Geld und Wertsachen können auch ohne Zustimmung der Patientin oder des Patienten in
Gewahrsam genommen werden, wenn und soweit die Patientin oder der Patient zum Umgang damit nicht
in der Lage ist und ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers für diesen Aufgabenkreis eingeleitet,
aber noch nicht abgeschlossen ist.
(3) Die Patientin oder der Patient des Maßregelvollzuges kann über das Taschengeld frei verfügen,
soweit dies im Einklang mit dem Behandlungsplan steht.
Nach oben
(1) Die Patientin oder der Patient hat das Recht, Schreiben unbeschränkt und ungeöffnet abzusenden
und zu empfangen.
(2) Schriftliche Mitteilungen der Patientin oder des Patienten und an die Patientin oder den Patienten
dürfen in der Einrichtung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt geöffnet und
eingesehen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Weiterleitung der
Patientin oder dem Patienten erhebliche Nachteile zufügen oder die Sicherheit der Einrichtung gefährden
könnte, insbesondere wenn die Gefahr des Einschmuggelns von Suchtstoffen oder gefährlichen
Gegenständen oder der Verabredung von Straftaten besteht.
(3) 1Der Schriftwechsel der Patientin oder des Patienten mit ihrem oder seinem gesetzlichen Vertreter
oder Pfleger, der Besuchskommission, den Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren, den Gerichten und
Behörden, mit einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder sowie mit deren Mitgliedern, wird nicht
überwacht. 2Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, die
Europäische Kommission für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und
unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe sowie bei ausländischen Staatsangehörigen
an die konsularischen oder die diplomatischen Vertretungen des Heimatlandes.
(4) 1Schriftliche Mitteilungen der Patientin oder des Patienten, die eingesehen werden dürfen, können
zurückgegeben werden, wenn sich aus der Weiterleitung für die Patientin oder den Patienten erhebliche
Nachteile ergeben würden oder der Zweck der Unterbringung und des Maßregelvollzuges oder die
Sicherheit der Einrichtung gefährden würde. 2Sofern die Patientin oder der Patient einen gesetzlichen
Vertreter hat, erfolgt die Rückgabe an diesen.
(5) 1Schriftliche Mitteilungen an die Patientin oder den Patienten, die eingesehen werden dürfen,
können zurückgehalten werden, wenn sie geeignet sind, der Patientin oder dem Patienten
gesundheitlichen Schaden zuzufügen oder den Zweck der Unterbringung und des Maßregelvollzuges,
oder die Sicherheit der Einrichtung zu gefährden. 2Im Falle der Zurückhaltung ist der Absender zu
verständigen oder die schriftliche Mitteilung zurückzusenden, wobei der Grund, weshalb sie der Patientin
oder dem Patienten nicht ausgehändigt worden ist, anzugeben ist.
(6) 1Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für Pakete, für Telegramme, Telefaxe und sonstige Mittel
der Telekommunikation sowie für Datenträger und Zugänge zu Datennetzen. 2Für Telefongespräche
gelten die Vorschriften über den Besuch in § 28 Abs. 1 und 2 entsprechend.
(7) Kenntnisse, die bei der Überwachung und der Beschränkung des Postverkehrs gewonnen werden,
sind vertraulich zu behandeln.
Nach oben
(1) Die Patientin oder der Patient hat das Recht, im Rahmen einer allgemeinen Besuchsregelung der
Einrichtung Besuch zu empfangen.
(2) Besuche können beschränkt oder untersagt werden, wenn und soweit für die Patientin oder den
Patienten gesundheitliche Nachteile zu befürchten oder die Sicherheit der Einrichtung oder das geordnete
Zusammenleben in der Einrichtung gefährdet sind.
(3) 1Aus Gründen der Sicherheit der Einrichtung kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden,
dass sich der Besucher durchsuchen lässt. 2Ein Besuch kann überwacht und abgebrochen oder die
Übergabe von Gegenständen untersagt werden, wenn anderenfalls gesundheitliche Nachteile für die
Patientin oder den Patienten zu befürchten oder die Sicherheit der Einrichtung oder das geordnete
Zusammenleben in der Einrichtung gefährdet wären.
(4) 1Absatz 3 Satz 1 gilt für Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren in einer die
Patientin oder den Patienten betreffenden Rechtssache mit der Maßgabe, dass eine inhaltliche
Überprüfung der von ihnen mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen unzulässig ist; die
Übergabe dieser Schriftstücke oder Unterlagen an die Patientin oder den Patienten darf nicht untersagt
werden. 2Für Besuche von Verteidigern bleiben die §§ 148 und 148a der Strafprozessordnung unberührt.
Nach oben
§ 29 Beurlaubung und Ausgang
(1) 1Die ärztliche Leiterin oder der ärztliche Leiter der Einrichtung kann im Rahmen der Unterbringung
die Patientin oder den Patienten bis zu zehn Tagen beurlauben, wenn der Zweck der Unterbringung
dadurch nicht beeinträchtigt wird und eine Gefahr für Gesundheit, Leben oder andere bedeutende
Rechtsgüter Dritter nicht zu befürchten ist. 2Vor Beginn der Beurlaubung sind, wenn ein gesetzlicher
Vertreter für die Patientin oder den Patienten bestellt ist, dieser und der Sozialpsychiatrische Dienst,
soweit sie beteiligt waren, rechtzeitig zu benachrichtigen.
(2) Im Maßregelvollzug kann der Patientin oder dem Patienten Urlaub bis zu 30 Kalendertagen im
Kalendervierteljahr gewährt werden, soweit nicht Tatsachen die Befürchtung begründen, dass die
Patientin oder der Patient sich dem Vollzug der Maßregel entzieht oder den Urlaub zu rechtswidrigen
Taten missbraucht.
(3) 1Die Beurlaubung kann mit Auflagen, insbesondere der Verpflichtung zur Weiterführung der
ärztlichen Behandlung, verbunden werden. 2Sie kann jederzeit widerrufen werden, insbesondere wenn
Auflagen nicht befolgt werden. 3Ein Anspruch auf Beurlaubung besteht nicht.
(4) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 finden auf stundenweise Beurlaubung im Rahmen der Unterbringung
(Ausgang) entsprechende Anwendung.
(5) 1Die untergebrachte Patientin oder der untergebrachte Patient kann mit Zustimmung der ärztlichen
Leiterin oder des ärztlichen Leiters der Einrichtung unter der Aufsicht einer Mitarbeiterin oder eines
Mitarbeiters das Gelände der Einrichtung verlassen. 2Ein Anspruch auf begleiteten Ausgang besteht nicht.
Nach oben
(1) 1Die Einrichtung erlässt eine Hausordnung, die vor Inkrafttreten dem Senator für Arbeit, Frauen,
Gesundheit, Jugend und Soziales zur Kenntnis zu geben ist. 2Die Hausordnung regelt die Rechte und
Pflichten der Patientinnen und Patienten; sie kann insbesondere Regelungen über die Einbringung von
Gegenständen, die Ausgestaltung der Räume, die Einkaufsmöglichkeiten, ein Rauch-, Alkohol- und
Drogenverbot, die Besuchszeiten, den Telefonverkehr, den Schriftwechsel, die Freizeitgestaltung und den
Aufenthalt im Freien enthalten. 3Den Patientinnen und Patienten und der Besuchskommission ist
Gelegenheit zur Mitwirkung beim Erlass der Hausordnung zu geben. 4Die Hausordnung ist durch
ständigen Aushang in der Einrichtung allgemein bekannt zu machen.
(2) Durch die Hausordnung dürfen Rechte der Patientinnen und Patienten nicht weiter als nach diesem
Gesetz zulässig eingeschränkt werden.
Nach oben
(1) 1Besondere Schutz- und Sicherungsmaßnahmen sind nur dann zulässig, wenn und solange von der
Patientin oder dem Patienten die gegenwärtige Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder
Sachen, der Selbstverletzung, der Selbsttötung oder der Flucht ausgeht und diese Gefahr nicht anders
abgewendet werden kann. 2Als besondere Schutz- und Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
1.die Beschränkung des Aufenthaltes im Freien,
2.die Absonderung von anderen Patientinnen und Patienten,
3.die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum,
4.die Fixierung, namentlich die Fesselung bei Ausführungen, Vorführungen oder Transporten,
5.die vorübergehende Ruhigstellung durch Medikamente.
(2) 1Besondere Schutz- und Sicherungsmaßnahmen dürfen nur von einer Ärztin oder einem Arzt der
Einrichtung aufgrund eigener Untersuchung befristet angeordnet werden. 2Bei Gefahr im Verzug dürfen
besondere Schutz- und Sicherungsmaßnahmen mit Ausnahme von Absatz 1 Nr. 5 auch von anderen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung angeordnet werden; die Entscheidung der Ärztin oder
des Arztes ist unverzüglich nachzuholen.
(3) Bei besonderen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3 ist eine angemessene und
regelmäßige Überwachung und nach Absatz 1 Nr. 4 eine ständige Betreuung zu gewährleisten.
(4) Art, Beginn und Ende einer besonderen Schutz- und Sicherungsmaßnahme sowie die Gründe für
ihre Anordnung sind zu dokumentieren.
Nach oben
§ 32 Durchsuchung und Untersuchung
(1) Die Patientin oder der Patient, ihre oder seine Sachen und die Räume der Einrichtung dürfen
durchsucht werden, sofern der Zweck der Unterbringung und des Maßregelvollzuges oder die Sicherheit
der Einrichtung gefährdet ist.
(2) 1Eine mit einer Entkleidung verbundene Durchsuchung ist nur bei begründetem Verdacht zulässig,
dass die Patientin oder der Patient Waffen, andere gefährliche Gegenstände oder Stoffe, die dem
Betäubungsmittelgesetz unterliegen, am Körper führt. 2Diese Durchsuchung muss in einem
geschlossenen Raum durchgeführt werden; andere Patientinnen oder Patienten dürfen nicht anwesend
sein. 3Frauen dürfen nur durch weibliches Personal, Männer nur durch männliches Personal durchsucht
werden. 4Auf das Schamgefühl ist Rücksicht zu nehmen.
(3) Begründen Tatsachen den Verdacht, dass sich in Körperhöhlen oder im Körper der Patientin oder
des Patienten Stoffe befinden, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, kann durch eine Ärztin oder
einen Arzt eine Untersuchung der Patientin oder des Patienten vorgenommen werden.
(4) In den Fällen des Absatzes 2 und 3 kann die ärztliche Leiterin oder der ärztliche Leiter der
Einrichtung auch allgemein anordnen, dass Patientinnen oder Patienten bei der Aufnahme, nach jeder
Abwesenheit und nach jedem Besuch zu durchsuchen oder zu untersuchen sind.
(5) Bei suchtgefährdeten Patientinnen oder Patienten können die Untersuchungen durchgeführt werden,
die zum Nachweis von im Körper befindlichen Stoffen notwendig sind.
(6) Über die Durchführung und die Untersuchung ist ein Protokoll zu fertigen, das der Patientin oder
dem Patienten zur Kenntnis zu geben ist.
Nach oben
(1) Mitgarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung dürfen zur Durchsetzung der in diesem Gesetz
vorgesehenen Einschränkungen der Rechte der Patientin oder des Patienten unmittelbaren Zwang
anwenden.
(2) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen durch körperliche Gewalt.
(3) 1Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. 2Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die
Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine
rechtwidrige Tat zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
Nach oben
Teil 5: Psychiatrieplan, Psychiatrieausschuss, Besuchskommission, Beschwerderecht
(1) Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales erstellt auf der Grundlage der
kommunalen Psychiatriepläne einen Psychiatrieplan für das Land Bremen, der regelmäßig fortzuschreiben
ist.
(2) Im Psychiatrieplan werden im Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadtgemeinde Bremerhaven
1.die Koordinierungsfunktionen,
2.die Versorgungsregionen,
3.die Gesundheitsberichterstattung und
4.die Entwicklungsplanung
für die psychiatrische Versorgung einschließlich der Suchtkrankenhilfe auf kommunaler Ebene festgelegt.
(3) Bei der Aufstellung des Psychiatrieplans ist der Psychiatrieausschuss zu beteiligen.
Nach oben
(1) 1Für das Land Bremen wird ein Psychiatrieausschuss eingerichtet. 2Der Psychiatrieausschuss hat die
Aufgabe, den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in grundsätzlichen Fragen zur
Planung und Gewährleistung der Versorgung psychisch Kranker zu beraten und sich an der Aufstellung
des Psychiatrieplans zu beteiligen.
(2) 1Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales wird ermächtigt, durch
Rechtsverordnung das Nähere zu regeln. 2In der Rechtsverordnung sind insbesondere Regelungen über
1.die Aufgaben des Psychiatrieausschusses,
2.die Voraussetzungen für sein Tätigwerden,
3.die Zusammensetzung des Psychiatrieausschusses,
4.die Anforderungen an die Sachkunde und die Pflichten der Mitglieder,
5.das Verfahren,
6.die Geschäftsführung,
7.die Aufgaben des Vorsitzenden und
8.die Bekanntgabe der Beschlüsse
zu treffen.
(3) Der Magistrat der Stadtgemeinde Bremerhaven kann für die Stadtgemeinde Bremerhaven einen
kommunalen Psychiatrieausschuss einrichten.
Nach oben
(1) 1Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales beruft eine Besuchskommission,
die in der Regel ohne Anmeldung jährlich mindestens einmal die Einrichtungen nach § 13 besucht und
überprüft, ob die mit der Unterbringung, Behandlung, Betreuung und mit dem Maßregelvollzug
verbundenen Aufgaben erfüllt und die Rechte der Patientinnen und Patienten gewahrt werden. 2Dabei ist
den Patientinnen und Patienten Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen.
(2) 1Der Besuchskommission ist ungehinderter Zugang zu den Einrichtungen nach § 13 und zu den
Patientinnen und Patienten zu gewähren. 2Die Einsicht in die über die Patientin oder den Patienten
vorhandenen Unterlagen ist mit Einverständnis der Patientin oder des Patienten oder des gesetzlichen
Vertreters zu ermöglichen. 3Der Patientin oder dem Patienten oder ihrem oder seinem gesetzlichen
Vertreter ist bei der Aufnahme Gelegenheit zu geben, der Besuchskommission die Einwilligung in die
Einsichtnahme der Krankenunterlagen schriftlich zu erteilen.
(3) Die Besuchskommission soll sich darüber hinaus in anderen Einrichtungen, in denen psychisch
Kranke behandelt oder betreut werden, einen Eindruck über die Versorgung psychisch Kranker
verschaffen.
(4) 1Innerhalb von zwei Monaten nach jedem Besuch einer Einrichtung fertigt die Besuchskommission
einen Bericht an, der auch die Wünsche und Beschwerden der Betroffenen enthält und zu ihnen Stellung
nimmt. 2Eine Zusammenfassung dieser Berichte übersendet der Senat der Bremischen Bürgerschaft
mindestens alle zwei Jahre.
(5) 1Der Besuchskommission gehören an:
1.eine Vertreterin oder ein Vertreter des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und
Soziales,
2.eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie,
3.eine Richterin oder ein Richter,
4.eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Trägers der Hilfen und Schutzmaßnahmen aus Bremen
bei Besuchen in der Stadtgemeinde Bremen oder eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Trägers
der Hilfen und Schutzmaßnahmen aus Bremerhaven bei Besuchen in der Stadtgemeinde
Bremerhaven.
2Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales beruft die Mitglieder der
Besuchskommission auf Vorschlag der Deputation für Arbeit und Gesundheit und benennt ein Mitglied,
das Ansprechpartner für psychisch Kranke und deren Angehörige ist und deren Interessen vertritt. 3Für
jedes Mitglied ist mindestens eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter zu berufen. 4Die Deputation für
Arbeit und Gesundheit kann Mitglieder der Deputation und bei Besuchen in der Stadtgemeinde
Bremerhaven auch Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung als weitere Mitglieder der
Besuchskommission dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vorschlagen.
5Darüber hinaus kann die Deputation für Arbeit und Gesundheit weitere Mitglieder auch für Einzelbesuche
vorschlagen. 6Der zuständigen Amtsärztin oder dem zuständigen Amtsarzt ist Gelegenheit zur Teilnahme
an den Besuchen zu geben.
(6) 1Die Mitglieder und ihre Stellvertreterinnen oder Stellvertreter werden für zwei Jahre berufen. 2Eine
erneute Berufung ist zulässig.
(7) 1Die Mitglieder der Besuchskommission sind nicht an Weisungen gebunden. 2Sie sind zur
Verschwiegenheit verpflichtet. 3Ihre Entschädigung richtet sich nach den Bestimmungen des
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richterinnen
und Richter.
(8) Die Besuchskommission gibt sich eine Geschäftsordnung.
(9) Das Petitionsrecht der Patientin oder des Patienten und die Aufsichtspflichten und -rechte der
zuständigen Behörden bleiben unberührt.
Nach oben
1Die Patientin oder der Patient hat das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in
Angelegenheiten, die sie oder ihn selbst betreffen, an die ärztliche Leiterin oder den ärztlichen Leiter der
Einrichtung und an den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales zu wenden. 2Die
Patientin oder der Patient hat im Rahmen der §§ 27, 28 und 29 das Recht, sich auch an andere Stellen zu
wenden, die die Interessen von Patientinnen und Patienten wahrnehmen.
Nach oben
Teil 6: Beendigung der Unterbringung und des Maßregelvollzuges
(1) Die Einrichtung nach § 13 unterrichtet unverzüglich das Gericht, wenn nach ihrer Überzeugung die
Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht vorgelegen haben oder nicht mehr vorliegen.
(2) Die Patientin oder der Patient ist bei Aufhebung der Unterbringung durch das Gericht oder nach
Beendigung des Maßregelvollzuges durch gerichtlichen Beschluss zu entlassen.
(3) Nach Ablauf der vom Gericht bestimmten Dauer für die Unterbringungsmaßnahme ist die Patientin
oder der Patient zu entlassen, wenn nicht zum gleichen Zeitpunkt eine weitere Unterbringungsanordnung
wirksam wird oder die Patientin oder der Patient aufgrund seiner oder ihrer rechtswirksamen Einwilligung
in der Einrichtung verbleibt.
Nach oben
(1) 1Die Vollziehung einer Unterbringungsmaßnahme kann nach § 70k des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Entlassungsvorbereitung ausgesetzt werden, wenn
dies nach dem Gesundheitszustand und den persönlichen Verhältnissen der Patientin oder des Patienten
gerechtfertigt erscheint. 2Je nach Betreuungs- und Behandlungsbedarf kann die Anordnung des Gerichtes
mit der Auflage, den Sozialpsychiatrischen Dienst im Rahmen der nachgehenden Hilfen in Anspruch zu
nehmen, sich in ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung zu begeben und die ärztlichen oder
psychotherapeutischen Anordnungen zu befolgen, verbunden werden.
(2) Die Einrichtung nach § 13 hat nach Abstimmung mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst dem
Gericht und den an den nachgehenden Hilfen Beteiligten mitzuteilen, welche nachgehenden Hilfen
notwendig sind und ob eine ärztliche oder psychotherapeutische Weiterbehandlung erforderlich ist.
Nach oben
(1) 1Der Sozialpsychiatrische Dienst hat nachgehende Hilfen zu erbringen. 2Aufgabe der nachgehenden
Hilfe ist es, den Personen, die aus der Unterbringung, dem Maßregelvollzug oder einer sonstigen
stationären psychiatrischen Behandlung entlassen werden, durch individuelle medizinische und
psychosoziale Beratung und Betreuung den Übergang in das Leben außerhalb des Krankenhauses zu
erleichtern.
(2) Ist die Aussetzung der Vollziehung einer Unterbringung nach § 70k des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Auflagen über eine ärztliche oder
psychotherapeutische Behandlung und psychosoziale Beratung verbunden, gehört es zur Aufgabe der
nachgehenden Hilfen, auf die Einhaltung dieser Auflagen hinzuwirken und die Patientin oder den
Patienten über die Folgen einer Unterbrechung der notwendigen ärztlichen oder psychotherapeutischen
Behandlung zu informieren.
(3) Die behandelnde Ärztin, der behandelnde Arzt, die behandelnde niedergelassene
Psychotherapeutin oder der behandelnde niedergelassene Psychotherapeut hat die Einrichtung nach § 13
zu unterrichten, wenn die ärztlichen oder psychotherapeutischen Anordnungen von der Patientin oder
dem Patienten nicht eingehalten werden oder eine ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung nicht
mehr erforderlich ist.
(4) Der Patientin oder dem Patienten des Maßregelvollzuges können durch das Gericht im Rahmen von
Entlassungsvorbereitungen oder im Zusammenhang mit der Aufhebung des Maßregelvollzuges Auflagen
erteilt werden, insbesondere der Aufenthalt in einer komplementären Einrichtung oder eine ärztliche oder
psychotherapeutische Behandlung.
Nach oben
Teil 7: Besondere Bestimmungen für den Maßregelvollzug
(1) 1Die Patientin oder der Patient des Maßregelvollzuges erhält im Rahmen des Behandlungsplans
beschäftigungs- und arbeitstherapeutische Angebote. 2Arbeitstherapeutische Angebote dienen
insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu
erhalten oder zu fördern. 3Darüber hinaus soll die Patientin oder der Patient Gelegenheit zur Arbeit
erhalten. 4Bundesgesetzliche Regelungen bleiben unberührt.
(2) 1Im Rahmen des Maßregelvollzuges soll der Patientin oder dem Patienten Gelegenheit zur
Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung, Umschulung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder
weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden. 2Es kann der Patientin oder dem Patienten des
Maßregelvollzuges auch gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung oder
Umschulung außerhalb der Einrichtung nachzugehen oder an anderen ausbildenden oder weiterbildenden
Maßnahmen teilzunehmen.
(3) 1Patientinnen und Patienten des Maßregelvollzuges, die den Abschluss der Hauptschule nicht
erreicht haben, soll Unterricht in den zum Hauptschulabschluss führenden Fächern erteilt oder
Gelegenheit gegeben werden, an einem der Art und dem Grunde der Behinderung der Patientin oder des
Patienten entsprechenden Unterricht teilzunehmen. 2Bei der beruflichen Ausbildung oder Umschulung ist
berufsbildender Unterricht zu ermöglichen. 3Absatz 2 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
Nach oben
(1) 1Für geleistete Arbeit ist ein angemessenes Entgelt zu gewähren. 2Bei Teilnahme am Unterricht, an
einer Maßnahme der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung oder Umschulung, an
heilpädagogischer Förderung oder an arbeitstherapeutischen Maßnahmen kann der Patientin oder dem
Patienten eine Zuwendung gewährt werden. 3Von der Gewährung des Entgelts oder der Zuwendung kann
aus Gründen des therapeutischen Konzepts der Einrichtung mit Zustimmung der Patientin oder des
Patienten abgesehen werden.
(2) Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales regelt im Einvernehmen mit dem
Senator für Justiz und Verfassung im Einzelnen die Höhe des Arbeitsentgelts und der Zuwendung.
Nach oben
(1) Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und der Senator für Justiz und
Verfassung regeln einvernehmlich die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Einrichtungen des
Maßregelvollzuges in einem Vollstreckungsplan.
(2) Abweichungen vom Vollstreckungsplan sind zulässig, wenn
1.die Behandlung der Patientin oder des Patienten oder ihre oder seine Eingliederung nach der
Entlassung gefördert werden oder
2.Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe die Abweichung rechtfertigen.
Nach oben
(1) Die Patientin oder der Patient darf mit ihrer oder seiner Zustimmung abweichend vom
Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung
zuständige Einrichtung verlegt werden, wenn dies mit dem Zweck des Maßregelvollzuges in Einklang
steht.
(2) Ohne Zustimmung der Patientin oder des Patienten darf ein Wechsel der Einrichtung angeordnet
werden,
1.wenn dieser für eine Behandlung der Patientin oder des Patienten oder ihre oder seine
Eingliederung nach der Entlassung notwendig ist,
2.wenn dieser aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus Sicherheitsgründen unerlässlich ist.
Nach oben#
(1) 1Das Maß des Freiheitsentzuges richtet sich nach dem Krankheitsbild der Patientin oder des
Patienten. 2Daneben sind Gefährdungen, die von der Patientin oder dem Patienten ausgehen können, zu
berücksichtigen. 3Das Maß des Freiheitsentzuges ist nach § 24 zu überprüfen und gegebenenfalls
anzupassen.
(2) Die Behandlung schließt als Lockerungen des Maßregelvollzuges insbesondere ein, dass
1.die Patientin oder der Patient außerhalb der Einrichtung regelmäßig einer Beschäftigung unter
Aufsicht oder ohne Aufsicht nachgeht,
2.die Patientin oder der Patient außerhalb der Einrichtung wohnt, weiterhin jedoch an den
therapeutischen Maßnahmen der Einrichtung teilnimmt oder
3.der Patientin oder dem Patienten für eine bestimmte Zeit innerhalb eines Tages Ausgang mit oder
ohne Begleitung gewährt wird.
(3) Ausgang mit oder ohne Begleitung kann auch zur Erledigung persönlicher, familiärer, rechtlicher
oder geschäftlicher Angelegenheiten, zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen oder aus anderen
wichtigen Gründen bewilligt werden.
(4) 1Lockerungen nach Absatz 2 dürfen nicht gegen den Willen der Patientin oder des Patienten
angeordnet werden. 2Sie dürfen nicht bewilligt werden, wenn Tatsachen die Befürchtung begründen, dass
sie oder er sich dem Vollzug der Maßregel entzieht oder die Lockerungen des Vollzuges zu rechtswidrigen
Taten missbraucht.
Nach oben
Teil 8: Datenschutz
1Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften der §§ 31 bis 36 des
Gesundheitsdienstgesetzes entsprechend. 2Hinsichtlich der Unterbringung in einem Krankenhaus und der
Abrechnung der Institutsambulanz gelten die Vorschriften des Bremischen
Krankenhausdatenschutzgesetzes.
Nach oben
(1) 1Personenbezogene Daten, die zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Gesetz von dem Träger der
Hilfen und Schutzmaßnahmen oder von anderen an Schutzmaßnahmen beteiligten Diensten erhoben und
gespeichert worden sind, insbesondere die Untersuchungsergebnisse, ärztlichen Zeugnisse und der
Aufenthalt einer nach diesem Gesetz untergebrachten Person, dürfen abweichend von § 32 Abs. 2 des
Gesundheitsdienstgesetzes für andere Zwecke nur verarbeitet werden, wenn
1.der oder die Betroffene eingewilligt hat oder
2.wenn eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der betroffenen Person oder Dritter nicht
anders abgewendet werden kann.
2Das gilt auch für Stellen, denen diese Daten übermittelt worden sind.
(2) 1Die Verantwortung für die Zulässigkeit einer Übermittlung unter den in Absatz 1 Nrn. 1 und 2
genannten Voraussetzungen trägt die übermittelnde Stelle. 2Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen des
Empfängers oder der Empfängerin, trägt dieser oder diese die Verantwortung für die Richtigkeit der
Angaben in seinem oder ihrem Ersuchen.
(3) Personenbezogene Daten dürfen Angehörigen und Bezugspersonen der Patientinnen oder der
Patienten mitgeteilt werden, wenn nur so die Hilfen nach § 5 gewährleistet werden können.
(4) 1Die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erfüllung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen,
zur Rechnungslegung und -prüfung oder zur Durchführung von Organisationsuntersuchungen ist zulässig,
soweit diese Aufgaben nicht auf andere Weise, insbesondere mit anonymisierten Daten, erfüllt werden
können. 2Die Verarbeitung der in Absatz 1 Satz 1 aufgeführten Daten für diese Zwecke ist nur mit
Einwilligung des oder der Betroffenen zulässig.
(5) Eine Übermittlung an das zuständige Gericht ist auch zulässig, soweit dies zur Durchführung des
Betreuungsgesetzes erforderlich ist.
Nach oben
1Ist anzunehmen, dass der oder die Betroffene infolge seiner oder ihrer Krankheit oder Behinderung im
Sinne von § 1 Abs. 2 das eigene Leben oder die eigene Gesundheit oder Leben, Gesundheit oder andere,
in der Bedeutung vergleichbare Rechtsgüter eines Dritten gefährdet, so kann der Sozialpsychiatrische
Dienst oder die Einrichtung nach § 13, in der der oder die Betroffene untergebracht ist, die für die
Abwehr der Gefahr zuständige Behörde über die getroffenen Feststellungen unterrichten. 2Dem oder der
Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, sich zu der Unterrichtung zu äußern. 3§ 7 Abs. 4 bleibt unberührt.
Nach oben
(1) Im Rahmen des Maßregelvollzuges sind Ärztinnen oder Ärzte, Psychotherapeutinnen oder
Psychotherapeuten, Psychologinnen oder Psychologen, Gerichte und Behörden befugt, der Einrichtung
Strafurteile, staatsanwaltliche Ermittlungssachverhalte, psychiatrische und psychologische Gutachten aus
gerichtlichen oder staatsanwaltlichen Verfahren, den Lebenslauf und Angaben über die bisherige
Entwicklung sowie Angaben über Krankheiten, Körperschäden und Verhaltensauffälligkeiten des oder der
Betroffenen zu übermitteln, es sei denn, dass Rechtsvorschriften außerhalb der allgemeinen Regelungen
über die Berufs- und Amtsverschwiegenheit dies untersagen.
(2) Die Einrichtung im Rahmen des Maßregelvollzuges darf listenmäßig erfassen und speichern, welche
Personen zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck die Einrichtung betreten oder verlassen haben.
Nach oben
Teil 9: Kosten
(1) Die Kosten der Hilfen nach den §§ 5, 25 und 40 und der Untersuchungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 und
Abs. 2 tragen die in § 3 Abs. 1 bestimmten Träger der Hilfen und Schutzmaßnahmen.
v
(2) Die Kosten einer ambulanten oder stationären ärztlichen Behandlung trägt die Patientin oder der
Patient, soweit nicht ein Träger von Sozialleistungen oder ein anderer zur Gewährung gleichartiger
Leistungen verpflichtet ist.
(3) Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung in einer Einrichtung nach § 13
trägt die Patientin oder der Patient, soweit sie nicht einem Dritten, insbesondere einem
Unterhaltspflichtigen, einem Träger der Sozialversicherung oder einem Träger der Sozialhilfe zur Last
fallen.
(4) Die Kosten einer Unterbringung sind vom Land zu tragen, wenn der Antrag auf Anordnung einer
Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet
und die Voraussetzungen für eine Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben.
(5) Hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Antragstellung nicht vorlag, so kann
das Gericht die Kosten der Unterbringung ganz oder teilweise der Stadtgemeinde auferlegen, deren
Ortspolizeibehörde den Antrag gestellt hat.
(6) 1In den Fällen der Absätze 4 und 5 hat die in der Hauptsache ergehende Entscheidung
auszusprechen, wer die Kosten der Unterbringung zu tragen hat. 2Wenn eine Entscheidung in der
Hauptsache nicht ergeht, ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes nach
billigem Ermessen zu entscheiden.
(7) Die gerichtliche Entscheidung über die Kosten der Unterbringung ist nur mit der sofortigen
Beschwerde selbständig anfechtbar.
Nach oben
Die Kosten des Maßregelvollzuges werden durch das Land getragen, soweit nicht ein
Sozialleistungsträger oder die Patientin oder der Patient zu den Kosten beizutragen hat.
Nach oben
Teil 10: Übergangs- und Schlussbestimmungen
Durch dieses Gesetz werden im Rahmen des Artikel 19 Abs. 2 des Grundgesetzes die Rechte auf
körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes), auf
Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) und auf Unverletzlichkeit der
Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Nach oben
Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einem Gericht anhängigen Verfahren sind nach den
Vorschriften dieses Gesetzes weiterzuführen.
Nach oben
Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 30. Juni 2010 außer Kraft.
Nach oben
Zurück zum Inhaltsverzeichnis