Vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA 1992, 88)
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Erster Teil Allgemeines
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Grundsatz
Zweiter Teil Hilfen
§ 3 Zweck und Art der Hilfen
§ 4 Träger der Hilfen
§ 5 Sozialpsychiatrischer Dienst
§ 6 Mitteilung von Feststellungen
Dritter Teil Schutzmaßnahmen
Erster Abschnitt Allgemeines
§ 7 Allgemeine Vorschriften
Zweiter Abschnitt Untersuchung, Behandlung
§ 8 Untersuchung, Mitteilung
§ 9 Behandlungsempfehlung
§ 10 Behandlungsauflage
§ 11 Begriff der Unterbringung
Dritter Abschnitt Unterbringung
§ 12 Vollzug der Unterbringung
§ 13 Voraussetzungen der Unterbringung
§ 14 Antragserfordernis
§ 15 Vorläufige Einweisung
Vierter Abschnitt Betreuung während der Unterbringung
§ 16 Eingangsuntersuchung
§ 17 Ärztliche Behandlung
§ 18 Gestaltung der Unterbringung
§ 19 Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 20 Rechtsstellung des Untergebrachten
§ 21 Persönliche Habe, Besuchsrecht
§ 22 Postverkehr und Telekommunikation
§ 23 Offene Unterbringung
§ 24 Beurlaubungen
§ 25 Religionsausübung
Fünfter Abschnitt Beendigung der Unterbringung
§ 26 Entlassung
§ 27 Vorläufige Entlassung
§ 28 Freiwilliger Krankenhausaufenthalt
Vierter Teil Ausschuß für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung
§ 29 Berufung und Aufgaben
§ 30 Verfahren
Fünfter Teil Nachsorge
§ 31 Nachsorgende Hilfen
Sechster Teil Kosten
§ 32 Kosten der Unterbringung
Siebenter Teil Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte
§ 33 Finanzausgleich
Achter Teil Schlußvorschriften
§ 34 Einschränkung von Grundrechten
§ 35 Inkrafttreten und Übergangsvorschriften
Erster Teil Allgemeines
Dieses Gesetz regelt
1. Hilfen für Personen, die an einer Psychose, Suchtkrankheit, einer anderen krankhaften seelischen oder geistigen Störung
oder an einer seelischen oder geistigen Behinderung leiden oder gelitten haben, oder bei denen Anzeichen einer solchen
Krankheit, Störung oder Behinderung vorliegen;
2. Schutzmaßnahmen bis hin zu Unterbringung für Personen, die an einer Krankheit, Störung oder Behinderung im Sinne der
Nummer 1 leiden.
Nach oben
1. Bei allen Hilfen, Behandlungs- und Therapiemaßnahmen ist auf den Zustand des Kranken oder Behinderten besondere
Rücksicht zu nehmen. Wie bei körperlich Kranken haben ambulante Behandlungs- und Therapiemaßnahmen Vorrang vor einer
stationären Unterbringung. Der Hausarzt bzw. ein Arzt des Vertrauens ist in den Behandlungsprozeß einzubeziehen, soweit
dies ohne Gefährdung des Behandlungsziels unter Berücksichtigung des Zustands des Betroffenen vertretbar erscheint.
2. Maßnahmen, die nicht unumgänglich sind, haben zu unterbleiben, wenn zu befürchten ist, daß sie den Zustand des Kranken
oder Behinderten nachteilig beeinflussen.
Nach oben
Zweiter Teil Hilfen
(1) Die Hilfen sollen dazu beitragen, daß Krankheiten, Störungen oder Behinderungen im Sinne des § 1 Nr. 1 rechtzeitig
erkannt werden. Sie sollen das Ziel verfolgen, den betroffenen Personen durch eine der Art der Krankheit, Störung oder
Behinderung angemessene individuelle ärztlich geleitete Beratung und Betreuung eine selbständige Lebensführung in der
Gemeinschaft zu ermöglichen.
(2) Durch vorsorgende Hilfen soll insbesondere darauf hingewirkt werden, daß der Betroffene bei Anzeichen einer Krankheit,
Störung oder Behinderung im Sinne des § 1 Nr. 1 rechtzeitig ärztlich behandelt wird. Durch nachsorgende Hilfsmaßnahmen
soll den aus stationärer psychiatrischer Behandlung oder aus einer Unterbringung entlassenen Personen der Übergang in das
Leben außerhalb stationärer Einrichtungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft erleichtert werden.
(3) Die Hilfen sind so zu leisten, daß der Betroffene soweit wie möglich in seinem gewohnten Lebensbereich verbleiben kann
(ortsnahe Hilfen). Es ist darauf hinzuwirken, daß vorhandene Einrichtungen der nichtklinisch-stationären, der teilstationären
und der ambulanten Versorgung und Rehabilitation sowie soziale und pädagogische Dienste in Anspruch genommen werden können.
(4) Die Hilfen sollen auch darauf gerichtet sein, bei denjenigen, die mit dem Betroffenen in näherer Beziehung stehen,
Verständnis für seine besondere Lage zu wecken und die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Behebung seiner Schwierigkeiten zu
fördern und zu erhalten.
(5) Die Hilfen treten nicht an die Stelle der Sozialleistungen, die nach anderen Vorschriften von anderen Stellen zu
gewähren sind.
Nach oben
Die Leistung der Hilfen obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises.
Nach oben
(1) Zur Leistung der Hilfen richten die Landkreise und kreisfreien Städte beim Gesundheitsamt einen sozialpsychiatrischen
Dienst ein. Der sozialpsychiatrische Dienst soll mit Körperschaften, Behörden, Organisationen, Hilfsvereinen und Personen
zusammenarbeiten, die seine eigenen Maßnahmen unterstützen und ergänzen. Dazu gehören insbesondere Gemeinden, Krankenhäuser,
Leistungsträger von Sozialleistungen, Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, Träger von Sozialeinrichtungen und niedergelassene
Ärzte.
(2) Der sozialpsychiatrische Dienst soll unter der Leitung eines Facharztes für Psychiatrie und/oder Neurologie oder eines
auf diesen Gebieten weitergebildeten Arztes stehen. Solange ein derartig aus- oder weitergebildeter Arzt nicht zur Verfügung
steht, kann die Leitung des sozialpsychiatrischen Dienstes mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde vom zuständigen Amtsarzt
wahrgenommen werden.
(3) Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen können zwei oder mehrere Landkreise oder
kreisfreie Städte vereinbaren, daß einer der an der Vereinbarung Beteiligten die Aufgaben des sozialpsychiatrischen
Dienstes auch für den beziehungsweise die anderen Beteiligten wahrnimmt. Die Einrichtung sozialpsychiatrischer Dienste
einschließlich der personellen Besetzung und Vereinbarungen über die Zusammenarbeit bedürfen der Genehmigung des
Ministeriums für Arbeit und Soziales.
(4) Soweit Einrichtungen oder Personen im Sinne von Absatz 1 Satz 2 bereit und in der Lage sind, Aufgaben des
sozialpsychiatrischen Dienstes in den Versorgungsgebieten ganz oder teilweise entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes
wahrzunehmen, soll ihnen der Landkreis oder die kreisfreie Stadt diese Aufgaben in entsprechendem Umfange überlassen, soweit
das ohne Nachteile für die Wahrnehmung der Aufgaben möglich ist. Voraussetzung einer derartigen Überlassung ist daneben, daß
die Erfüllung der Aufgaben auf längere Zeit gewährleistet ist. Die Einzelheiten sind durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zu
vereinbaren. Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt bleibt für die Wahrnehmung der Aufgaben im übrigen verantwortlich.
Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.
Werden bei der Leistung der Hilfen Feststellungen getroffen, die für die Belange des Betroffenen bedeutsam sein können, so
sind ihm diese mitzuteilen, soweit es ärztlich zu verantworten ist. Wenn es angezeigt erscheint, soll ihm nahegelegt werden
sich in die ambulante Behandlung eines Arztes, in ein Krankenhaus oder in eine andere geeignete Einrichtung zu begeben und
diese zu ermächtigen, den sozialpsychiatrischen Dienst von der Übernahme der Behandlung zu benachrichtigen. Auf eine solche
Nachricht teilt der sozialpsychiatrische Dienst dem Arzt, dem Krankenhaus oder der Einrichtung die getroffenen Feststellungen
mit, es sei denn, daß der Betroffene widerspricht.
Nach oben
Dritter Teil Schutzmaßnahmen
Erster Abschnitt Allgemeines
(1) Schutzmaßnahmen einschließlich des Vollzugs der gerichtlichen Entscheidung über die Unterbringung obliegen den Landkreisen
und kreisfreien Städten (Verwaltungsbehörden) als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises.
(2) Die Verwaltungsbehörde setzt zur Durchführung der Schutzmaßnahmen besonders geeignete und ausgebildete Bedienstete ein.
(3) Ärztliche Aufgaben bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich Ärzten zu übertragen, die ihre Befähigung
zur Beurteilung psychischer Krankheiten durch das Recht zum Führen einer entsprechenden Facharzt- bzw. Gebietsbezeichnung
nachweisen können. Steht ein derartiger aus- bzw. weitergebildeter Arzt nicht zur Verfügung, sind für diese Aufgabe Ärzte mit
längerer Erfahrung in der Beurteilung psychischer Krankheiten heranzuziehen, wobei zunächst auf bei der Verwaltungsbehörde
angestellte Ärzte zurückzugreifen ist. Im Zusammenhang mit der Durchführung von Schutzmaßnahmen sind die eingesetzten Ärzte
befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist.
(4) Außer Bediensteten von Verwaltungsbehörden können auch solche von Krankenhäusern und Krankentransportunternehmen zur
Durchführung dieses Gesetzes entsprechend den geltenden Vorschriften des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts zu Vollzugsbeamten
bestellt werden.
(5) Die Polizei leistet den Verwaltungsbehörden, Krankenhäusern und Krankentransportunternehmen Vollzugshilfe.
(6) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gilt das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des
Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 1991 (GVBl. LSA S. 538).
Nach oben
Zweiter Abschnitt Untersuchung, Behandlung
(1) Bestehen Anhaltspunkte dafür, daß jemand wegen einer Krankheit, Störung oder Behinderung im Sinne des § 1 Nr. 1 sich oder
anderen schwerwiegenden Schaden zuzufügen droht, so kann er zu einer ärztlichen Untersuchung geladen oder zum Zwecke einer
solchen Untersuchung durch einen von der Verwaltungsbehörde dazu beauftragten Arzt in seiner Wohnung aufgesucht werden.
(2) Ergeben sich aus dem Verhalten des Betroffenen dringende Anhaltspunkte dafür, daß die Voraussetzungen für eine
Unterbringung vorliegen, so kann er zu einer ärztlichen Untersuchung vorgeführt werden. Der Betroffene hat die Untersuchung
zu dulden und an ihr mitzuwirken.
(3) Der Arzt teilt das Ergebnis der Untersuchung dem Betroffenen mit, soweit es ärztlich zu verantworten ist. Ist der
Betroffene zuvor regelmäßig von einem anderen Arzt behandelt worden, so ist auch diesem der Untersuchungsbefund mitzuteilen,
es sei denn, daß der Betroffene widerspricht.
Nach oben
§ 9 Behandlungsempfehlung
Wenn das Ergebnis der Untersuchung nach § 8 dazu Anlaß gibt, kann die Verwaltungsbehörde dem Betroffenen empfehlen, sich in
die ambulante Behandlung eines Arztes, in ein Krankenhaus oder in eine andere geeignete Einrichtung zu begeben und diese zu
ermächtigen, das Gesundheitsamt von der Übernahme der Behandlung und dem Befund zu unterrichten. Das Gesundheitsamt teilt
dem Arzt, dem Krankenhaus oder der Einrichtung den Untersuchungsbefund mit, es sei denn, daß der Betroffene widerspricht.
Nach oben
§ 10 Behandlungsauflage
(1) Ist nach dem Ergebnis einer Untersuchung nach § 8 zu erwarten, daß der Betroffene untergebracht werden muß, wenn er nicht
ärztlich behandelt wird, so kann ihm die Verwaltungsbehörde aufgeben, sich innerhalb einer bestimmten Frist in die ambulante
Behandlung eines Arztes, in ein Krankenhaus oder in eine andere geeignete Einrichtung zu begeben, deren Anweisungen zu
befolgen sowie deren Namen und Anschrift unverzüglich mitzuteilen. Dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Einrichtung
wird vom Gesundheitsamt der Untersuchungsbefund mit der Verpflichtung übersandt, die Nichtaufnahme oder den Abbruch der
Behandlung und die Nichtbefolgung von Anweisungen durch den Betroffenen unverzüglich anzuzeigen. Das Gesundheitsamt ist auch
in Kenntnis zu setzen, wenn eine Behandlung nicht mehr erforderlich ist.
(2) Eine Auflage nach Absatz 1 Satz 1 darf nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Kommt der Betroffene der Auflage nicht
nach, sind die Voraussetzungen für ein Unterbringungsverfahren zu prüfen.
Nach oben
Dritter Abschnitt Unterbringung
(1) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn jemand gegen seinen Willen oder im Zustand der
Willenlosigkeit in den abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses eingewiesen wird und dort verbleiben soll.
(2) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt auch dann vor, wenn jemand unter elterlicher Sorge oder unter
Vormundschaft steht, oder ihm ein Pfleger oder ein Betreuer bestellt ist, dessen Aufgabenkreis die Aufenthaltsbestimmung
umfaßt, und wenn die Einweisung nach Absatz 1 gegen den Willen des Inhabers der elterlichen Sorge, des Vormunds, Pflegers oder
Betreuers erfolgt oder der Inhaber der elterlichen Sorge, der Vormund, Pfleger oder Betreuer keine Erklärung abgibt. Bei
Bestellung eines Betreuers gilt dies nur, wenn der psychisch Kranke geschäftsunfähig ist oder für ihn ein
Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Aufenthaltsbestimmung angeordnet ist.
Nach oben
(1) Die Unterbringung wird in der Regel in Krankenhäusern des Landes vollzogen. Krankenhäusern anderer Träger kann diese
Aufgabe mit deren Zustimmung widerruflich übertragen werden, wenn diese sich dafür eignen.
(2) Zuständig für die Feststellung der Eignung und die Übertragung der Aufgaben nach Absatz 1 Satz 2 ist das
Landesverwaltungsamt. Dieses übernimmt auch die Aufsicht im Umfang der übertragenen Aufgaben.
Nach Oben
(1) Eine Unterbringung ist nur zulässig, wenn und solange
1. die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, daß der Betroffene sich infolge einer Krankheit, Störung oder Behinderung im
Sinne des § 1 Nr. 1 schwerwiegende gesundheitliche Schäden zufügt,
oder
2. das durch die Krankheit, Störung oder Behinderung bedingte Verhalten des Betroffenen aus anderen Gründen eine gegenwärtige
erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
und die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann.
(2) Eine Unterbringung nach diesem Gesetz darf nicht angeordnet werden, wenn eine Maßnahme nach § 126 a der Strafprozeßordnung
oder den §§ 63 , 64 des Strafgesetzbuches oder § 7 des Jugendgerichtsgesetzes getroffen worden ist. Wird eine solche Anordnung
oder Maßregel nach einer Unterbringung getroffen, ist die Unterbringung aufzuheben.
Nach oben
(1) Eine Unterbringung oder eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme kann nur auf Antrag der Verwaltungsbehörde durch
gerichtliche Entscheidung angeordnet werden.
(2) Für das Unterbringungsverfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Nach oben
Kann eine gerichtliche Entscheidung über eine Unterbringungsmaßnahme nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so kann die
Verwaltungsbehörde den Betroffenen längstens bis zum Ablauf des folgenden Tages vorläufig in den geschlossenen Teil eines
Krankenhauses einweisen, wenn ein ärztliches Zeugnis über einen Befund vorliegt, nach dem die Voraussetzungen der
Unterbringung nach § 13 vorliegen, und wenn der Befund frühestens am Tage vor der vorläufigen Einweisung erhoben worden ist.
Die Angehörigen sollen benachrichtigt werden; über die Benachrichtigung soll die Verwaltungsbehörde unter Abwägung aller
Umstände des Einzelfalles entscheiden.
Nach oben
Vierter Abschnitt Betreuung während der Unterbringung
(1) Personen, die auf Grund dieses Gesetzes eingewiesen oder untergebracht sind, werden unverzüglich nach ihrer Aufnahme
ärztlich untersucht. Die Untersuchung erstreckt sich vor allem auch auf die Umstände, die maßgeblich für die Unterbringung
waren. Sie soll zugleich schon dazu dienen, die individuell gebotene Heilbehandlung abzuklären und einen Behandlungsplan zu
entwickeln. Liegen nach der Eingangsuntersuchung die Unterbringungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vor, hat der
verantwortliche Arzt
1. die Verwaltungsbehörde, welche die Einweisung veranlaßt oder die Unterbringung beantragt hat,
und
2. das zuständige Gericht unverzüglich zu unterrichten.
(2) Zeigt sich bei der Eingangsuntersuchung die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung, ohne daß die
Unterbringungsvoraussetzungen vorliegen, soll der untersuchende Arzt darauf hinwirken, daß der Patient sich umgehend in
ärztliche Behandlung begibt und einer Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse an den Arzt seines Vertrauens, der die
Behandlung fortführen soll, zustimmt.
(3) Ist nach dem Ergebnis der Eingangsuntersuchung eine stationäre Behandlung geboten, ohne daß die Voraussetzungen der
Unterbringung vorliegen, soll der untersuchende Arzt aus seiner Verantwortung heraus die Einwilligung des Patienten zur
stationären Behandlung zu erreichen versuchen.
(4) Die fehlende Bereitschaft des Patienten, sich ambulant oder stationär behandeln zu lassen, rechtfertigt für sich allein
nicht die weitere Unterbringung.
(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 ist die betroffene Person bis zur Entscheidung über die Aufhebung der Einweisung oder
Unterbringung zu beurlauben.
Nach oben
(1) Während seiner Unterbringung erhält der Untergebrachte die nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst gebotene
Heilbehandlung. Diese kann weitere Untersuchungen einschließen, soweit sie im Rahmen der Behandlung oder zum Schutz der
Gesundheit des Untergebrachten oder anderer Personen erforderlich sind.
(2) Für die Behandlung wegen der Erkrankung, die zur Unterbringung geführt hat, ist auf Grund der Untersuchungsergebnisse ein
Behandlungsplan aufzustellen. Dieser umfaßt auch die die gebotene Heilbehandlung fördernden heilpädagogischen und
psychotherapeutischen sowie beschäftigungs- und arbeitstherapeutischen Maßnahmen.
(3) Das Ergebnis der Untersuchungen, die vorgesehene Heilbehandlung und der Behandlungsplan sind dem Untergebrachten zu
erläutern, soweit dies ärztlich zu verantworten ist. Ist der Untergebrachte fähig, Grund, Bedeutung und Tragweite der
Behandlungs- und Fördermaßnahmen einzusehen, soll die Erläuterung auch dem Ziel dienen, die Zustimmung des Untergebrachten
zur Behandlung zu erhalten.
(4) Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Untergebrachten in ihrem Kernbereich verändern würde, ist unzulässig.
(5) Erfordert die Behandlung einen operativen Eingriff oder ist sie mit Gefahr für Leben oder Gesundheit des Untergebrachten
verbunden oder würde sie seine Persönlichkeit wesentlich oder auf Dauer nachteilig verändern, so darf sie nur mit seiner
Einwilligung und nur dann vorgenommen werden, wenn sie nicht außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg steht.
(6) Ist der Untergebrachte in den Fällen des Absatzes 5 nicht fähig, Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einzusehen
oder seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, ist die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters maßgebend. Besitzt
der Untergebrachte zwar die in Satz 1 genannten Fähigkeiten, ist er aber minderjährig, so ist zusätzlich die Einwilligung
seines gesetzlichen Vertreters erforderlich. Entsprechendes gilt bei Volljährigen, für die nach § 1896 des Bürgerlichen
Gesetzbuches ein Betreuer für diesen Aufgabenkreis bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist.
(7) Wegen anderer akuter Erkrankungen ist eine ärztliche Untersuchung und Behandlung bei Lebensgefahr oder bei Gefahr für die
Gesundheit anderer Personen auch ohne Einwilligung des Untergebrachten oder seines gesetzlichen Vertreters zulässig. Eine
zwangsweise Ernährung ist zulässig, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des
Untergebrachten erforderlich ist.
(8) Die Zwangsmaßnahme muß für die Beteiligten zumutbar sein.
Sie darf insbesondere das Leben des Untergebrachten nicht gefährden.
Nach oben
(1) Die Unterbringung ist unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte so zu gestalten, daß eine möglichst
weitgehende Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse erreicht wird. Zugleich soll die Bereitschaft des
Untergebrachten geweckt werden, aktiv am Erreichen des Behandlungszieles mitzuwirken.
(2) Während der Unterbringung fördert die Einrichtung die Aufrechterhaltung bestehender und die Anbahnung neuer sozialer
Kontakte des Untergebrachten, soweit sie sein Verantwortungsbewußtsein für ein geordnetes Zusammenleben stärken und damit
der Wiedereingliederung dienen.
(3) Untergebrachten soll während der Unterbringung ein angemessener Barbetrag zur persönlichen Verfügung stehen. Die
Einrichtung hat bei erforderlichen Anträgen Beratung und Unterstützung zu geben.
Nach oben
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind
1. die Wegnahme von Gegenständen,
2. die Beschränkung des Aufenthaltes im Freien,
3. die Absonderung in einem besonderen Raum,
4. die Fixierung.
(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind nur ausnahmsweise und nur dann zulässig, wenn und solange die gegenwärtige erhebliche
Gefahr besteht,
1. daß der Untergebrachte sich selbst tötet oder einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden zufügt,
2. daß der Untergebrachte gewalttätig wird und andere Patienten, Mitarbeiter des Krankenhauses oder Besucher gefährdet oder
daß er erheblichen materiellen Schaden anrichtet,
droht,
3. daß der Untergebrachte die Einrichtung ohne Erlaubnis verläßt
und wenn der Gefahr nicht anderweitig begegnet werden kann.
(3) Eine besondere Sicherungsmaßnahme darf nur vom verantwortlichen Arzt angeordnet werden. Sie ist zu befristen, ärztlich zu
überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung
der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. Dem Träger des Krankenhauses ist jährlich eine Auflistung der
ergriffenen besonderen Sicherungsmaßnahmen vorzulegen.
Nach oben
Der Untergebrachte unterliegt nur denjenigen Beschränkungen seiner Freiheit, die sich aus dem Zweck der Unterbringung und aus
den Anforderungen eines geordneten Zusammenlebens in dem Krankenhaus ergeben, in dem er untergebracht ist. Maßnahmen, welche
die Freiheit des Untergebrachten beschränken, sind im Verlaufe der Behandlung ständig zu überprüfen und der Entwicklung des
Untergebrachten anzupassen.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht seine persönliche Kleidung zu tragen, persönliche Gegenstände in seinem Zimmer
aufzubewahren und Besuch zu empfangen.
(2) Dieses Recht darf nur eingeschränkt werden, wenn dadurch gesundheitliche Nachteile für den Untergebrachten zu befürchten
sind oder die Sicherheit der Einrichtung oder ein geordnetes Zusammenleben in der Einrichtung erheblich gefährdet wird.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht, Postsendungen frei abzusenden und zu empfangen.
(2) Im Rahmen des § 20 kann der Schriftverkehr des Untergebrachten überwacht und beschränkt werden. Dies gilt nicht für den
Schriftverkehr mit
1. Gerichten,
2. Staatsanwaltschaften,
3. Rechtsanwälten,
4. Aufsichtsbehörden,
5. Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern und dem Europäischen Parlament,
6. der Europäischen Kommission für Menschenrechte,
7. dem Ausschuß für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung und Besuchskommissionen (§ 29).
Bei ausländischen Staatsangehörigen ist eine Überwachung und Beschränkung des Schriftverkehrs auch nicht zulässig für
Schreiben an die konsularische oder diplomatische Vertretung des Heimatlandes. Schriftliche Mitteilungen der in Satz 2 und 3
genannten Stellen und Personen an den Untergebrachten dürfen nicht geöffnet und nicht zurückgehalten werden.
(3) Für die Maßnahmen der Überwachung und der Beschränkung des Schriftverkehrs ist der Leiter des Krankenhauses
verantwortlich. Er hat im Einzelfall zu überprüfen, ob und ggf. in welchem Umfange derartige Maßnahmen geboten sind. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Gefahr des Einschmuggelns von Suchtstoffen oder
gefährlichen Gegenständen oder der Verabredung von Straftaten besteht.
(4) Über Maßnahmen der Überwachung und Beschränkung des Schriftverkehrs ist der Untergebrachte zu unterrichten. Angehaltene
Schreiben werden dem Absender unter Angabe des Grundes zurückgesandt oder, wenn dies nicht möglich oder aus den Gründen des
Absatzes 3 Satz 3 untunlich ist, aufbewahrt. Für Schreiben des Untergebrachten gilt entsprechendes.
(5) Kenntnisse, die bei der Überwachung und der Beschränkung des Schriftverkehrs gewonnen werden, sind vertraulich zu behandeln.
Sie dürfen nur verwertet werden, soweit dies erforderlich ist, um die Sicherheit oder Ordnung des Krankenhauses zu bewahren
oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen.
(6) Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß für Pakete und andere Sendungen, Telegramme, Telefongespräche und andere
Möglichkeiten der Telekommunikation. Die Überwachung eines Ferngesprächs wird in der Weise vorgenommen, daß ein Bediensteter
der Einrichtung das Gespräch in Gegenwart des Untergebrachten mithört.
Nach oben
(1) Sobald der Zweck der Unterbringung es zuläßt, soll die Unterbringung nach Möglichkeit aufgelockert und in weitgehend
freien Formen durchgeführt werden, um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen. Eine Lockerung der Unterbringung oder
eine offene Unterbringung soll vom verantwortlichen Arzt dann gewährt werden, wenn dies der Behandlung des Untergebrachten
dient, er den damit verbundenen Anforderungen genügt und ein Mißbrauch nicht zu befürchten ist.
(2) Ist der Untergebrachte länger als 14 Tage offen untergebracht, sind die Verwaltungsbehörde und das Gericht unverzüglich zu
benachrichtigen. Das Gericht prüft, ob die die Unterbringung anordnende gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden kann.
Gegen den Willen des Untergebrachten ist eine Verlegung in die offene Unterbringung nicht zulässig.
Nach oben
(1) Dem Untergebrachten kann Urlaub bis zur Dauer von zwei Wochen durch den Ärztlichen Leiter des Krankenhauses oder einen
von ihm bestimmten anderen Arzt gewährt werden, insbesondere, wenn der Gesundheitszustand und die persönlichen Verhältnisse
des Untergebrachten dies rechtfertigen und zu erwarten ist, daß dadurch das Behandlungsziel gefördert wird und ein Mißbrauch
des Urlaubs nicht zu befürchten ist.
(2) Die Beurlaubung kann mit Auflagen verbunden werden, soweit dies im Hinblick auf das Behandlungsziel erforderlich ist.
Dem Untergebrachten kann insbesondere die Auflage erteilt werden, ärztliche Anweisungen zu befolgen.
(3) Die Beurlaubung ist der Verwaltungsbehörde vorab mitzuteilen. Eine länger dauernde Beurlaubung bedarf der Abstimmung mit
der Verwaltungsbehörde und dem Gericht.
(4) Die Beurlaubung kann jederzeit widerrufen werden, insbesondere, wenn Auflagen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden
oder der Gesundheitszustand des Beurlaubtensich wesentlich verschlechtert hat oder ein Mißbrauch des Urlaubs zu befürchten ist.
Nach oben
(1) Der Untergebrachte hat das Recht, innerhalb der Einrichtung am Gottesdienst und an Veranstaltungen von Religions- und
Glaubensgemeinschaften teilzunehmen.
(2) Religions- und Glaubensgemeinschaften ist die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb der Einrichtung Gottesdienste und
religiöse Veranstaltungen abzuhalten, soweit die Besonderheiten der Einrichtung und Behandlungserfordernisse nicht
entgegenstehen.
Nach oben
Fünfter Abschnitt Beendigung der Unterbringung
(1) Der Ärztliche Leiter der Einrichtung unterrichtet unverzüglich das Gericht, wenn er es für geboten hält, den
Untergebrachten zu entlassen. Bis zur Entscheidung des Gerichts kann der Untergebrachte beurlaubt werden; § 24 Abs. 3 und 4
gilt entsprechend.
(2) Der Untergebrachte ist zu entlassen, wenn
1. die seine Unterbringung anordnende gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden ist,
2. im Falle der vorläufigen Einweisung gemäß § 15 nicht bis zum Ende des auf die Einweisung folgenden Tages ein
gerichtlicher Unterbringungsbeschluß vorliegt,
3. die Unterbringungsfrist abgelaufen ist, ohne daß das Gericht zuvor die Verlängerung der Unterbringung angeordnet hat,
4. das Gericht die Entlassung anordnet.
(3) Von der Entlassung benachrichtigt das Krankenhaus das Gericht und die Verwaltungsbehörde. Diese unterrichtet die in
§ 70 d Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten
Personen. Das Krankenhaus benachrichtigt ferner den Arzt, von dem sich der Betroffene behandeln lassen will.
Nach oben
(1) Kommt auf Grund des Gesundheitszustandes des Untergebrachten und seiner persönlichen Verhältnisse eine Aussetzung der
Vollziehung der Unterbringung durch das Gericht nach § 70 k Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit in Betracht, können als Auflagen insbesondere die Verpflichtungen ausgesprochen werden, Hilfen nach dem
Zweiten Teil dieses Gesetzes in Anspruch zu nehmen, sich in ärztliche Behandlung zu begeben oder ärztliche Anweisungen zu
befolgen.
(2) Ist dem Betroffenen zur Auflage gemacht worden, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, so hat er den Namen und die
Anschrift des Arztes unverzüglich dem Krankenhaus mitzuteilen, in dem er untergebracht war. Das Krankenhaus übersendet dem
Arzt und dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst einen Bericht über die bisherige Behandlung. Der Arzt unterrichtet die
Verwaltungsbehörde, wenn der Betroffene sich nicht in Behandlung begibt, ärztliche Anweisungen nicht befolgt oder wenn eine
Behandlung nicht mehr erforderlich ist.
(3) Das Gericht kann die vorläufige Entlassung widerrufen, wenn der vorläufig Entlassene die ihm erteilten Auflagen nicht oder
nicht vollständig erfüllt oder wenn sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert.
(4) Zeigt sich während der Aussetzung der Vollziehung der Unterbringung, daß eine Behandlung nicht mehr erforderlich ist,
stellt die Verwaltungsbehörde beim Gericht den Antrag auf Aufhebung der Unterbringungsmaßnahme.
Nach oben
Verbleibt der Betroffene auf Grund seiner rechtswirksamen Einwilligung weiter in dem Krankenhaus, obwohl die Voraussetzungen
des § 26 Abs. 2 vorliegen, so teilt das Krankenhaus dies dem Gericht, der Verwaltungsbehörde und, soweit der Betroffene damit
einverstanden ist, den in § 70 d Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit genannten Personen mit.
nach oben
Vierter Teil Ausschuß für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung
(1) Das Ministerium für Arbeit und Soziales beruft einen Ausschuß für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung.
(2) Der Ausschuß prüft, ob die in § 1 Nr. 1 genannten Personen entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes behandelt und
betreut werden. Er soll für die Belange dieses Personenkreises eintreten und bei der Bevölkerung Verständnis für die Lage
psychisch Kranker und behinderter Menschen wecken.
(3) Der Ausschuß bildet für die Krankenhäuser und Einrichtungen, die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen,
Besuchskommissionen. Die Besuchskommissionen haben jährlich mindestens einmal die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen
des ihnen vom Ausschuß zugewiesenen Bereichs zu besuchen. Sie können, wenn es ihnen angezeigt erscheint, von einer vorherigen
Anmeldung ihres Besuches absehen.
(4) Die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen sowie ihre Träger sind verpflichtet, den Ausschuß und die
Besuchskommissionen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Sie haben ihnen, soweit es zur Erfüllung der in Absatz 2 und 3
genannten Aufgaben erforderlich ist. Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Krankenunterlagen dürfen nur mit
Einwilligung des Betroffenen oder seines gesetzlichen Vertreters zur Einsichtnahme vorgelegt werden.
(5) Der Untergebrachte ist berechtigt, unmittelbar mit dem Ausschuß und den Besuchskommissionen sowie deren Mitgliedern zu
korrespondieren. Eine Überwachung und Beschränkung des beiderseitigen Schriftverkehrs ist nicht zulässig.
(6) Die Mitglieder des Ausschusses und der Besuchskommissionen sowie ihre Stellvertreter sind nicht an Weisungen gebunden.
Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Entschädigung richtet sich nach dem Abschnitt 4 des Justizvergütungs- und
-entschädigungsgesetzes.
(7) Der Ausschuß berichtet einmal jährlich dem Landtag und dem Ministerium für Arbeit und Soziales über seine Tätigkeit,
insbesondere über die Feststellungen und Anregungen der Besuchskommissionen.
Nach oben
Das Ministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Verordnung nähere Bestimmungen zu treffen über
1. die Zusammensetzung des Ausschusses und der Besuchskommissionen,
2. das Verfahren zur Berufung des Ausschusses und zur Bildung der Besuchskommissionen,
3. die Aufgaben des Ausschusses und der Besuchskommissionen sowie deren Wahrnehmung,
4. die Amtszeit, die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder sowie ihrer Stellvertreter.
Nach oben
Fünfter Teil Nachsorge
(1) Nachsorgende Hilfsmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 sollen in enger Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus oder
der Einrichtung, dem weiterbehandelnden Arzt und dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst so umfassend und rechtzeitig
eingeleitet und vorbereitet werden, daß eine weiterhin erforderliche ambulante Betreuung der betroffenen Person gesichert ist.
(2) Bei den nachsorgenden Hilfsmaßnahmen ist ein besonderes Gewicht auf die individuelle ärztliche und psychosoziale Beratung
der entlassenen Person über die erforderliche gesundheitliche Lebensführung und die Einhaltung etwaiger Auflagen zu legen. Es
soll auch auf die mögliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen hingewiesen werden.
Sechster Teil Kosten
(1) Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung trägt der Betroffene, soweit sie nicht einem
Sozialleistungsträger, einem Unterhaltspflichtigten oder einem anderen zur Last fallen.
(2) Die Kosten einer vorläufigen Einweisung sind vom Land zu tragen, wenn
1. der Antrag auf Anordnung einer Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine
Erledigung findet oder
2. die Anordnung einer Unterbringung vom Beschwerdegericht aufgehoben wird
und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben.
(3) Das Gericht hat in den Fällen des Absatzes 2 in der von ihm in der Hauptsache getroffenen Entscheidung auszusprechen, wer
die Kosten der vorläufigen Einweisung zu tragen hat. Über die Kosten ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes
nach billigem Ermessen auch dann zu entscheiden, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht.
(4) Die gerichtliche Entscheidung über die Kosten der einstweiligen Unterbringung ist mit der sofortigen Beschwerde
selbständig anfechtbar.
Nach oben
Siebenter Teil Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte
§ 33 Finanzausgleich
Die den Landkreisen und kreisfreien Städten aus der Durchführung dieses Gesetzes entstehenden Verwaltungskosten werden im
Rahmen des Finanzausgleichs gedeckt.
Nach oben
Achter Teil Schlußvorschriften
Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des
Grundgesetzes, Artikel 5 Abs. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), auf Schutz der Familie (Artikel 6 des Grundgesetzes,
Artikel 11 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) auf die Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
(Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 14 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) und der Wohnung (Artikel 13 des
Grundgesetzes, Artikel 17 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingeschränkt.
Nach oben
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Nach oben
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