Berlin, 21. Juni 2025: Der Bremer Verein Selbstbestimmt Leben hat am 19. Juni 2025 beschlossen, ein Schlichtungsverfahren nach dem Bremischen Behindertengleichstellungsgesetz (BremBGG) gegen die aktuellen Pläne des Bremer Senats zur Neugestaltung der Umsteigeanlage Domsheide einzuleiten. Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist auch Voraussetzung für eine mögliche Verbandsklage vor dem Verwaltungsgericht. Für das NETZWERK ARTIKEL 3 ist es eine gute Nachricht zur Inklusion, dass Organisationen wie Selbstbestimmt Leben Bremen verstärkt die rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um Barrierefreiheit durchzusetzen.
Kritik an langen Wegen und fehlender Barrierefreiheit
Kern der Kritik ist die sogenannte Variante 2.3, für die sich der Senat entschieden hat: Die geplante Neugestaltung sieht vor, dass die Bus- und Straßenbahnhaltestellen an der Domsheide weiterhin getrennt bleiben. Nach diesen Plänen sollen die Haltestellen der Buslinien 24 und 25 sowie der Straßenbahnlinien 4, 6 und 8 jedoch um ca. 50 m in Richtung Wilhelm-Kaisen-Brücke verschoben werden. Hierdurch ergeben sich für die Domsheide, an der täglich 12.500 Personen umsteigen, lange Umstiegswege. Fahrgäste müssen künftig bis zu 185 Meter zwischen den Haltestellen zurücklegen. Besonders problematisch ist dabei das langgezogene Gefälle in der Balgebrückstraße, das die barrierefreie Nutzung des ÖPNV zusätzlich erschwert. Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, ältere und andere beeinträchtigte Fahrgäste sind davon besonders betroffen und könnten wichtige Anschlüsse verpassen.
Bereits 2019 hatte die damalige Verkehrssenatorin nach einem längeren Beteiligungs- und Planungsprozess mit der Variante 5.1 eine Alternative vorgelegt, die alle Haltestellen auf der Platzfläche zwischen Konzerthaus Glocke, altem Postamt und Landgericht bündelt. Diese Planung wurde ausdrücklich unterstützt vom Ortsbeirat Mitte, dem Bremer Bündnis Verkehrswende, der Seniorenvertretung sowie den Vertretungen behinderter Menschen. Nach Ansicht dieser Gruppen wäre so eine barrierefreie Haltestellenanlage mit deutlich kürzeren Umstiegswegen möglich gewesen. Dennoch wird diese Variante nicht weiterverfolgt.
Dr. Joachim Steinbrück, Vorsitzender des Vereins und ehemaliger Landesbehindertenbeauftragter, erklärte dazu: „Das Schlichtungsverfahren ist für uns die letzte Möglichkeit, doch noch einvernehmlich eine barrierefreie Lösung für die Domsheide zu erreichen. Sollte die Schlichtung scheitern, können wir Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Nach meinem Eindruck ist unsere Kritik an den langen Umstiegswegen und dem langgezogenen Gefälle in der Balgebrückstraße bislang nicht wirklich ernst genommen worden.“
Barrieren abbauen statt neue schaffen
Mit dem Schlichtungsverfahren will der Verein auch den Weg für eine mögliche Klage offenhalten und ruft weitere Organisationen zur Unterstützung auf. Petra Wontorra, stellvertretende Vorsitzende von Selbstbestimmt Leben Bremen, betonte: „Wir begrüßen, dass bereits zahlreiche Organisationen ihre Unterstützung signalisiert haben. Gleichzeitig laden wir alle verbandsklageberechtigten Gruppen ein, sich unserem Antrag anzuschließen. Es geht darum, Barrieren abzubauen, statt neue zu schaffen – das nutzt letztlich allen und ist die Voraussetzung für echte Teilhabe am öffentlichen Nahverkehr in Bremen.“