Kiel, 14. August 2025: Das Zentrum für selbstbestimmtes Leben Norddeutschland (ZSL Nord) hat in Lübeck für eine Betroffene ihr Wunsch- und Wahlrecht durchgesetzt. Sie benötigt im Alltag Assistenz, um selbstbestimmt leben zu können. Sie wollte diese Unterstützung bei einem Dienstleister ihrer Wahl einkaufen. Die Stadt Lübeck bewilligte zwar ein Persönliches Budget im Dienstleistungsmodell – legte die Stundensätze aber so niedrig fest, dass das Geld selbst im Arbeitgebermodell, bei dem die Betroffenen ihre Assistenzen selbst einstellen müssen, kaum gereicht hätte. Den gewünschten Dienstleister konnte sie damit nicht bezahlen. Dass dieser Erfolg vor Gericht erzielt und der Betroffenen damit geholfen werden konnte, ist für das NETZWERK ARTIKEL 3 eine gute Nachricht für den Weg zur Inklusion.
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Das ZSL Nord zog vor Gericht und beantragte eine einstweilige Anordnung. Es argumentierte, dass nach § 104 Abs. 2 SGB IX die Kosten für den gewählten Dienstleister mit den Kosten einer vergleichbaren Sachleistung verglichen werden müssen – nicht mit irgendwelchen anderen Zahlen. Das Sozialgericht Kiel folgte dieser Argumentation und stellte fest: Der Kostenvergleich der Stadt Lübeck ist fehlerhaft. Mit dem Beschluss muss die Stadt Lübeck die vollen Kosten für den gewählten Dienstleister vorläufig übernehmen (Sozialgericht Kiel, Beschluss vom 3.6.2025 – 26 SO 12/25 ER).
Dieser Erfolg zeigt: Wunsch- und Wahlrecht sind keine leeren Worte – es muss in der Praxis umgesetzt werden. Wer auf Assistenz angewiesen ist, soll selbst entscheiden können, wie diese organisiert wird. Dafür lohnt es sich, dranzubleiben und notfalls auch den Rechtsweg zu gehen, wie es in einer Presseinformation des ZSL Nord heißt.
Das Projekt „Meine Rechte durchsetzen!“
Der Erfolg unterstreicht die Bedeutung der Arbeit des Projekts „Meine Rechte durchsetzen!“ des ZSL Nord. Das Projekt streitet mit der Befugnis des § 85 SGB IX für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Ein ausführlicher Verfahrensbericht sowie der Beschluss des Sozialgericht Kiel als PDF sind auf der Webseite des ZSL Nord verfügbar.
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Fachtag „Gerechte Löhne für persönliche Assistenz“ am 30. September 2025
Wer noch mehr über Rechtsdurchsetzung von Menschen mit Behinderungen erfahren möchte, den lädt das ZSL Nord am 30. September 2025 von 11:00 bis 15:00 Uhr zum Online-Fachtag „Gerechte Löhne für persönliche Assistenz durchsetzen“ ein. Dort diskutieren Betroffene und Expertinnen über eine faire Bezahlung und rechtliche Rahmenbedingungen im Bereich Assistenz.