Logo: Gute Nachrichten zur Inklusion Copyright: Marleen Soetandi

ParagrafenzeichenWien: Während behinderte Menschen sich hierzulande seit langem dafür einsetzen, dass umfassende Regelungen zur Barrierefreiheit in Restaurants und bei anderen öffentlichen und privaten Dienstleistungen und Produkten verabschiedet und umgesetzt werden, ist Österreich hier schon einige Schritte weiter. Ein aktuelles Urteil, das einem Kläger Schadenersatz für eine nicht barrierefreie Toilette in einem Wiener Restaurant zugestanden hat, gibt Hoffnung und stellt für das NETZWERK ARTIKEL 3 eine gute Nachricht zur Inklusion dar.

„Es erfüllt mich mit großer Freude, dass erstmalig eine klare Rechtsentscheidung zum verpflichtenden Vorhandensein einer barrierefreien Toilette vorliegt. Ich hoffe sehr, dass hiermit der Startschuss für eine selbstverständliche Einrichtung erfolgt ist und viele Betriebe zum Umdenken angeregt werden. Es stärkt uns in der Argumentation und wir werden sehr genau die weiteren vor allem gastronomischen Maßnahmen beobachten, um zukünftig Diskriminierungen zu unterbinden“, so äusserte sich Hans-Jürgen Groß, Präsident des ÖZIV Burgenland, eine Interessenvertretung, die Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen anbietet. Ein Berufungsgericht hatte das Urteil eines Zivilgerichtsverfahrens bestätitigt und klargestellt, dass der Beklagte seit dem 1.1.2016 verpflichtet gewesen wäre, eine barrierefreie Sanitärräumlichkeit für ihre Gäste zur Verfügung zu stellen. Dies ist das erste rechtskräftige Urteil zur Notwendigkeit von barrierefreien Toiletten in der Gastronomie in Österreich, über das der österreichische Online-Nachrichtendienst zu Behindertenfragen BIZEPS am 12. Juli 2022 berichtete.

In dem Zivilgerichtsverfahren, das nun von einem Berufungsgericht bestätigt wurde, hatte Hans-Jürgen Groß gegen die bekannte Gastronomiekette Mario Plachutta Ges.m.b.H. wegen einer nicht vorhandenen barrierefreien Sanitäranlage im Plachutta-Restaurant Wollzeile geklagt. Ihm wurde Anfang 2022 die Zahlung von knapp 2.000 Euro (rund 1.000 Euro davon an Schadenersatz) zugesprochen. Die rechtliche Basis für das Urteil legte das österreichische Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG). "Ein WC ist eine derartige Selbstverständlichkeit, da erübrigt sich für mich jede Diskussion bezüglich Ausnahmen. Wer isst und trinkt muss aufs Klo. Wer das gastronomisch anbietet, muss auch dafür sorgen, und zwar für jeden Gast", betonte Hans-Jürgen Groß. Das Bezirksgericht Döbling erkannte bereits mit Urteil vom 10.01.2022, dass laut § 5 Abs. 2 BGStG eine mittelbare Diskriminierung vorliegt. In weiterer Folge hat die Mario Plachutta Ges.m.b.H. gegen dieses Urteil dem BIZEPS-Bericht zufolge Berufung eingelegt, was nun erfolgreich für Hans-Jürgen Groß ausgegangen ist.

Anzumerken ist allerdings, dass der Betreiber des Restaurants dem Urteil zufolge keine barrierefreie Toilette errichten muss. Das Gesetz sieht dem BIZEPS-Bericht zufolge lediglich Schadenersatz für die betroffene Person vor. "Hier wäre aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf gegeben“, erläutert Hans-Jürgen Groß und macht deutlich, dass auch in Österreich noch einiges für eine umfassende Barrierefreiheit zu tun ist. Nach einem Urteil gegen eine nicht barrierefreie österreichische Bäckerei von 2012 hat diese im Anschluss daran allerdings freiwillig umgebaut.

Link zum BIZEPS-Bericht über das Urteil