Berlin, 2. Mai 2025: Am 5. Mai 2025 finden seit 33 Jahren bundesweit Aktionen zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung statt. Dieses Jahr unter dem Motto: Neustart Inklusion. Ein Neustart ist nach Ansicht der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen dringend notwendig. Wichtige Themen wie Inklusion, Barrierefreiheit und Gleichberechtigung geraten zunehmend aus dem Blickfeld von politischen Entscheidungsträger*innen. Inzwischen stehen sogar immer wieder Reformen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Raum, die zu massiven Einschnitten bei der Selbstbestimmung und Teilhabe von 10 Millionen Menschen mit Behinderungen führen würden, heißt es in einer Presseinformation der ISL im Vorfeld des Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen.
Unter dem Vorwand des Kostensparens strebe beispielsweise die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe (BAGüS) eine Re-Institutionalisierung behinderter Menschen an und möchte gleichzeitig die Entscheidung über die Unterbringung den Sozialhilfe- und Eingliederungshilfeträgern überlassen. Diese Denkart wurde inzwischen wiederholt von Politiker*innen unter dem Stichwort „Bürokratie-Abbau“, zum Beispiel jüngst bei Markus Lanz, wiederholt. Die pauschalierte Unterbringung von Menschen mit Behinderungen in einer Einrichtung wäre nicht nur eine klare Verletzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), sondern auch ein Bruch mit der Grundidee des BTHG, kritisiert die ISL.
„Ähnlich beunruhigend sind zunehmend wahrnehmbare Ideen, Sonderwelten im Bereich der schulischen oder beruflichen Inklusion aufrecht zu erhalten oder gar ausbauen zu wollen. In diesem Sinne schockiert, bei allen zaghaften Bekenntnissen zur UN-Behindertenrechtskonvention und Barrierefreiheit im Koalitionsvertrag, zum Beispiel die dort avisierte Förderung von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe. Solche Forderungen sind nicht nur ein sozialpolitischer Rückschritt – sie sind ein Angriff auf zentrale Menschenrechte und zeigen, wie inzwischen auch im Bereich der Rechte von Menschen mit Behinderungen das Gedankengut der extremen Rechten in der politischen Mitte angekommen ist“, heißt es von der ISL.
Insofern gehe es dieses Jahr beim Protesttag nicht nur darum, einen mutigen Paradigmenwechsel hin zu einer inklusiven Gesellschaft zu fordern: Die politischen Entwicklungen nicht nur im Ausland, sondern auch hierzulande bedrohten bereits errungene Rechte. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) ruft alle Bürger*innen, die für ein würdiges, selbstbestimmtes und menschenrechtskonformes Leben von Menschen mit Behinderungen einstehen, auf, an Demonstrationen rund um den 5. Mai teilzunehmen. Die Demonstration in Berlin beginnt am 5. Mai um 11 Uhr am Brandenburger Tor und zieht von dort zum Roten Rathaus. Dort findet um 13 Uhr eine Kundgebung statt.
Wer sich über die Hintergründe und Aktivitäten des Europäischen Protesttag in der Zeit von 1992 – 2022 informieren möchte, kann sich die von der ISL erstellte Broschüre „30 Jahre 5. Mai: Lautstark für Gleichstellung 1992 – 2022“ anschauen.
Link zur ISL-Broschüre zum Protesttag
Die Aktion Mensch hat auch zum diesjährigen Protesttag eine Reihe von Informationen zur Verfügung gestellt.