Berlin, 25. Juni 2025: Der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) hat heute ein Lagebild zur Antidiskriminierung im Jahr 2024 veröffentlicht und zeigt damit eine aktuelle Analyse der Diskriminierungsfälle, die von den Beratungsstellen im Verband dokumentiert wurden. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Diskriminierung bleibt Alltag für viele Menschen in Deutschland – und die Zahl der Diskriminierungsfälle steigt.
Insgesamt wurden im Jahr 2024 bei den teilnehmenden Beratungsstellen 3.332 neue Fälle gemeldet – das entspricht einem durchschnittlichen Anstieg von 14,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders alarmierend: Rassistische Diskriminierungen erreichten mit 62,6 Prozent aller dokumentierten Fälle einen neuen Höchststand.
Das zivilgesellschaftliche Lagebild Antidiskriminierung basiert auf Falldaten aus 28 Beratungsstellen aus dem gesamten Bundesgebiet. Es gibt damit einen authentischen Einblick in die Realitäten von Betroffenen im Kontakt mit Behörden, mit Bildungseinrichtungen, am Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen oder auf dem Wohnungsmarkt.
„Diskriminierung kostet Vertrauen, Gesundheit und Teilhabe – und sie untergräbt die Grundlagen einer offenen und gerechten Gesellschaft“, so Eva Maria Andrades, Geschäftsführerin des ADVD.
„Antidiskriminierungsberatungsstellen leisten hier wichtige Arbeit – und sie stoßen immer wieder an Grenzen, weil strukturelle Förderung und politische Rückendeckung fehlen.“ Dr. Bartek Pytlas, Projektleitung für Dokumentation und Monitoring fügt hinzu: „Das Lagebild Antidiskriminierung macht sichtbar, was im Alltag oft übersehen wird: Diskriminierung ist kein Einzelfall, sondern strukturelle Realität. Die Daten zeigen klar, wo Handlungsbedarf besteht – und sie sind ein Auftrag an Politik und Gesellschaft, den Schutz vor Diskriminierung endlich wirksam zu gestalten.“
Zu den Tendenzen bei der Entwicklung der Diskriminierung ist demnach Folgendes festzustellen:
- Die Zahl der Fälle von Diskriminierung steigt deutlich an. Im Jahr 2024 wurden bei den teilnehmenden Beratungsstellen im advd 3.332 neue Diskriminierungsfälle gemeldet. Das entspricht durchschnittlich 119 Fällen pro Beratungsstelle – ein Anstieg um 14,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Diese Zahlen zeigen klar: An jedem Tag des Jahres wurden über neun neue Diskriminierungsfälle gemeldet.
- Rassistische Diskriminierungsfälle befinden sich auf dem bisherigen Höchststand. 2,6 Prozent aller Fälle betreffen Rassismus und Antisemitismus. Das ist ein Anstieg um 12,2 Prozentpunkte. Die absolute Zahl rassistischer Diskriminierungsfälle ist gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte angestiegen.
- Die Fälle von Alltagsdiskriminierung und Viktimisierung nehmen zu. Fälle der Alltagsdiskriminierung, wie Herabsetzung, Ausgrenzung oder Lächerlich-machen sind im Jahr 2024 signifikant angestiegen und macht 21,8 Prozent aller Fälle aus.
- Fälle von Diskriminierung jenseits des AGG nehmen zu. Knapp ein Viertel der Fälle (24,8 Prozent) betrifft Machtverhältnisse, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bislang nicht geschützt sind (etwa sozialer Status, Sprache, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, Fürsorgeverantwortung oder Körpergewicht). Der Anteil dieser Fälle 2024 steigt im Vergleich zum Vorjahr sichtbar an (+5,4 Prozentpunkte). Gestiegen ist auch die Zahl der Diskriminierungsfälle im Kontext öffentlicher Institutionen (Bildungseinrichtungen, Polizei, Justiz oder Ämter) – also im Bereich, der nicht durch das AGG geschützt ist (35,1 %, +1,6 Prozentpunkte). Im Kontext von Ämtern und Behörden ist besonders ableistische und klassistische Diskriminierung angestiegen (+5,7 und +3,7 Prozentpunkte).
Neben der Vorstellung der zentralen Ergebnisse bietet das Lagebild auch Empfehlungen für Politik und Verwaltung: Dazu zählen unter anderem:
- der flächendeckende Ausbau von unabhängiger Antidiskriminierungsberatung,
- die Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
- sowie die nachhaltige Finanzierung zivilgesellschaftlicher Arbeit im Bereich Diskriminierungsschutz.