Schutz 0811

Berlin, 20. November 2025: Vor knapp vier Jahren von der Ampelregierung versprochen, für das 100-Tage Programm der großen Koalition vorgesehen, die Reform des Behindertengleichstellungsgeset (BGG) für mehr Barrierefreiheit auch im privaten Bereich war in den Mühlen der Regierungsmaschinerie stecken geblieben. Am 19. November 2025 war es nun soweit, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales konnte den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes zur Anhörung an die Verbände versenden. Bis 8. Dezember können diese Stellungnahmen zum Referentenentwurf einsenden. Am 17. Dezember 2025 soll der Gesetzentwurf für die Reform des Behindertengleichstellungsgesetz dann vom Bundeskabinett verabschiedet und an den Bundestag zur Beratung und Verabschiedung weitergeleitet werden.

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„In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt rund 13 Millionen Menschen mit Behinderungen – das sind etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung. Nur 3 Prozent dieser Behinderungen sind angeboren – die große Mehrheit entsteht im Laufe des Lebens, vor allem im Alter. Aufgrund des demografischen Wandels wird die Zahl der Menschen mit Behinderungen steigen. Für Menschen mit Behinderungen – ebenso wie für ihre Familien und Freunde – ist Barrierefreiheit grundlegende Voraussetzung für gleichberechtigte und gemeinschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen. Auch ältere Menschen oder Eltern mit Kinderwagen profitieren von Barrierefreiheit. Barrierefreie Angebote verbessern das Alltagsleben spürbar. Barrierefreiheit ist der Schlüssel zu einer inklusiven Gesellschaft und stärkt den sozialen Zusammenhalt“, heißt es u.a. zur Beschreibung des Problems und des Ziels der Gesetzesreform im Referentenentwurf.

Im Hinblick auf die Vorhaben, die mit der Gesetzesreform verbunden sind, heißt es im Referentenentwurf:

„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Barrierefreiheit in Deutschland sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich umfassend verbessert werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, das bewährte Regelungskonzept der angemessenen Vorkehrungen auch im privaten Bereich anzuwenden. Das heißt, private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen ermöglichen im Bedarfsfall durch individuelle, praktikable Lösungen vor Ort den Zugang zu ihren Angeboten. Statt detaillierter Barrierefreiheitsvorschriften setzt das Regelungskonzept damit auf Eigenverantwortung und Dialog der Beteiligten. Dies trägt auch der Tatsache Rechnung, dass schon heute viele private Anbieter den Zugang zu ihren Angeboten barrierefrei gestalten.

Indem es den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen sicherstellt, trägt das Gesetz zu einer vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben bei. Im Streitfall kann zunächst ein niedrigschwelliges, kostenfreies Schlichtungsverfahren helfen. Unternehmen können sich kostenlos durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit beraten lassen. Dokumentations- oder Berichtspflichten entstehen nicht. So wird Barrierefreiheit zur Chance: Sie fördert nicht nur ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Sie erhöht darüber hinaus die Lebensqualität vieler Menschen und eröffnet zugleich wirtschaftliches Potenzial. Denn der gleichberechtigte Zugang zu Gütern und Dienstleistungen bedeutet neue Kundengruppen, Innovation und internationale Wettbewerbsfähigkeit. In einer älter werdenden Gesellschaft gewinnt Barrierefreiheit zudem an ökonomischer Relevanz.

Im öffentlichen Bereich sieht der Gesetzentwurf insbesondere folgende Änderungen vor:

Die Pflichten des Bundes zur Herstellung baulicher Barrierefreiheit werden konkretisiert. Der Bund soll diese bis zum Jahr 2035 abbauen. Bis 2045 müssen die Barrieren abgebaut werden.

Bei der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit wird ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Deutsche Gebärdensprache eingerichtet. Dieses soll die Bundesministerien und ihre nachgeordneten Behörden beraten, damit sie mehr öffentliche und politische Informationen in Gebärdensprache und Leichter Sprache zur Verfügung stellen.
Künftig müssen überdies alle relevanten Dokumente im Verwaltungsverfahren barrierefrei sein, insbesondere Anträge, Antragsbegründungen sowie Nachfragen und Hinweise seitens der Behörden. Außerdem haben die Behörden die Pflicht, Menschen mit geistigen oder seelischen Behinderungen auf ihr Recht hinzuweisen, sich in einfacher und verständlicher Sprache beraten zu lassen.

Darüber hinaus wird das Amt der Beauftragten bzw. des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in seiner Funktion und Wirksamkeit gezielt gestärkt.

Zudem werden Übergangsregelungen geschaffen, um die Qualitätsanforderungen an Assistenzhunde sicherzustellen und die Verwaltungsverfahren zur Zertifizierung zu vereinfachen.

Darüber hinaus werden redaktionelle Anpassungen ebenso wie sprachliche Vereinfachungen für eine bessere Verständlichkeit und Lesbarkeit des Gesetzes vorgenommen.“