Schutz 0811

Berlin, 12. Dezember 2025: Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplante Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) bringt nach Ansicht des Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) kaum Fortschritte. Eine entsprechende Stellungnahme hat der Verband auf seiner Internetseite unter https://www.bsk-ev.org/service/aktuelles/detail/stellungnahme-zum-entwurf-eines-gesetzes-zur-aenderung-des-behindertengleichstellungsgesetzes veröffentlicht. Von Beginn an alle notwendigen baulichen Veränderungen sowie Änderungen an beweglichen Gütern und Dienstleistungen privater Unternehmen (geplanter § 7 Absatz 3 Satz 3) pauschal als übermäßige wirtschaftliche Belastung einzustufen, verhindert nach Ansicht des BSK bereits kleinste Fortschritte in Richtung Barrierefreiheit.

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„Ein solcher Ansatz ist ein Rückschritt und sendet ein vollkommen falsches Signal. Zudem ist er ein deutlicher Verstoß gegen die Definition der ‚angemessenen Vorkehrung‘ in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) gemäß Artikel 2, die schon eine Schutzregelung einer möglichen Überlastung der Wirtschaft vorsieht. Auch verstößt dieses Vorgehen gegen das Nichtdiskriminierungsgebot nach Artikel 5 UN-BRK. Ebenso werden dadurch viele Rechtsunsicherheiten für bereits bestehende Ansprüche in anderen Gesetzen verursacht. Auch ist diese Regelung nicht konform mit dem Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz (GG)“, heißt es in einer Presseinformation des BSK. Und weiter betont der Verband: „Geplant ist im Entwurf auch eine äußerst ungenügende bis gar nicht vorhandene Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung für Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände. Dies bringt unsere Gesellschaft keinen Schritt weiter bei der Schaffung von mehr Barrierefreiheit –  insbesondere im privaten Bereich. Im Gegenteil werden die bisher geltenden Regelungen in § 7 unkonkreter formuliert. Ebenso fehlen eine wirksame Rechtsdurchsetzungs- und Klagemöglichkeit sowie ein Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Schadenersatzverfahren gegenüber privaten Unternehmen und eine Erweiterung der Verbandsklage im Behindertengleichstellungsgesetz.“

BSK fordert umfassende Überarbeitung

Der BSK fordert daher eine umfassende Überarbeitung des Entwurfes und die Streichung des Satzes in § 7 Absatz 3 Satz 3. Bei einer Überarbeitung, ist die Rechtskonformität mit der UN-BRK unbedingt einzuhalten. Ohne wirksame und verbindliche Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen sowie mindestens eine Verankerung der angemessenen Vorkehrungen konform mit der UN-BRK für private Unternehmen verkommt das geplante neue Behindertengleichstellungsgesetz leider zu einer wirkungslosen Hülle.

Der BSK fordert grundsätzlich, alle Verstöße von Trägern öffentlicher Gewalt, öffentlichen Stellen und privaten Anbietern von Gütern und Dienstleistungen gegen gesetzliche Regelungen zur Barrierefreiheit und die Versagung angemessener Vorkehrungen als Diskriminierung und Benachteiligung festzuschreiben und entsprechend zu sanktionieren.

Doch es gibt auch Positives

Der BSK stellt positiv fest, dass es in dem Entwurf immerhin bezüglich des öffentlichen Bereiches einige Verbesserungen gibt: wie zum Beispiel die Weiterfinanzierung des Behindertenbeauftragten und die Stärkung seiner Rolle sowie die Schaffung des Bundeskompetenzzentrums für Deutsche Gebärdensprache und für Leichte Sprache. Auch zu begrüßen ist eine verbindlichere Regelung beim Erstellen von für den Verwaltungsakt relevanten Dokumenten in Leichter Sprache. Überfällig war auch, den Kompetenzbereich der Schlichtungsstelle und der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit um private Unternehmen zu erweitern. Die Bundesregierung plant zudem, die Gebäude des Bundes verbindlich bis 2045 barrierefrei zu gestalten. Diese Frist ist aus BSK-Sicht viel zu lang gewählt und sollte auf das Jahr 2035 angepasst werden.