Straßburg, 19.3.2024: Ende November 2023 besuchte die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović Deutschland und traf sich u.a. mit Vertreter*innen der LIGA Selbstvertretung, des Deutschen Institut für Menschenrechte und dem Bundesbehindertenbeauftragten zum Austausch über die Achtung der Menschenrechte in Deutschland. Nun liegt ihr Bericht vor und enthält viel Kritik an Deutschland. "Die Bundesregierung tut nach Einschätzung des Europarats zu wenig gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Die Ungleichheit stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes", heißt es beispielsweise in einem Bericht des ZDF zum nun veröffentlichten Bericht. Und gerade auch zur Behindertenpolitik hat die Menschenrechtskommissarin in ihrem Bericht einiges zu sagen, wie beispielsweise die Kritik an Werkstätten für behinderte Menschen.
„Deutschland muss nach Ansicht des Europarats bei der Bekämpfung von Armut, Wohnungsnot und Ausgrenzung behinderter Menschen deutlich mehr tun. Das hohe Maß an Armut und sozialer Benachteiligung in Deutschland stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes, heißt es in einem Bericht des Europarats, der am Dienstag in Straßburg veröffentlicht wird“, heißt es weiter im ZDF-Bericht.
Vor allem mahnt der Europarat den nur begrenzter Fortschritt bei der Inklusion und Teilhabe an. „Bei den Rechten behinderter Menschen wurden den Angaben zufolge insgesamt nur begrenzte Fortschritte erzielt: Inklusion und Teilhabe seien in vielen Bereichen nicht möglich. Der Europarat begründet das mit mangelndem politischem Engagement und zwar gut finanzierten, aber ausgrenzenden Strukturen wie Behindertenwerkstätten, Förderschulen oder Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen. Damit könnte ein unabhängiges Leben nur schwer verwirklicht werden. Stattdessen brauche es integrative Strukturen“, heißt es weiter im ZDF-Bericht.
Link zum ZDF-Bericht vom 19. März 2024
„Fortschritte in Hinblick auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind insgesamt gering und Barrierefreiheit ist in vielen Lebensbereichen nicht gegeben. Unzureichendes politisches Engagement und der dauerhafte Widerstand bei den gut finanzierten ausgrenzenden Strukturen, einschließlich Förderschulen, Behindertenwerkstätten und Wohnheime für Personen mit Behinderungen, erschweren nach wie vor die Verwirklichung eines unabhängigen Lebens in der Gemeinschaft für Menschen mit Behinderungen. ‚Die Behörden sollten in integrative Strukturen investieren und den Übergang von getrennten Lebensstilen zu Inklusion in qualitativ hochwertigen Mainstream-Einrichtungen beschleunigen‘, so die Kommissarin“, heißt es in der Presseinformation des Europarats.
Link zur Presseerklärung des Europarats über den Menschenrechtsbericht 2024