Berlin, 10.6.2024: "Wir arbeiten täglich daran, Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens zu gewährleisten, insbesondere bei der Mobilität, beim Wohnen, im Gesundheitswesen und im digitalen Bereich." Darauf wies der teilhabepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion auf Anfrage der kobinet-nachrichten hin. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul hatte im Nachgang des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung behinderter Menschen die behindertenpolitisch Verantwortlichen der Fraktionen der Regierungskoalition um eine Stellungnahme zur Umsetzung der behindertenpolitischen Maßnahmen auf Bundesebene angefragt.
kobinet-nachrichten: Die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen zur Behindertenpolitik haben vielen behinderten Menschen Hoffnung gemacht. Wie schätzen Sie die bisherige Umsetzung ein?
Jens Beeck: In dieser Wahlperiode konnten wir den Gesetzentwurf für einen inklusiven Arbeitsmarkt verabschieden, der viele Punkte beinhaltet, die für uns Freie Demokraten besonders wichtig waren. Dazu gehören die Einführung einer Genehmigungsfiktion für Anspruchsleistungen des Integrationsamtes und die Aufhebung der Deckelung für den Lohnkostenzuschuss beim Budget für Arbeit, die wir bereits in der vergangenen Wahlperiode gefordert hatten. Auch die Stärkung der Inklusionsunternehmen durch formale Privilegierung im Umsatzsteuergesetz ist dieses Jahr erfüllt.
Grundsätzlich setzt der Gesetzentwurf viele Vereinbarungen um, die wir zum Thema Inklusion im Koalitionsvertrag festgehalten hatten. Unbestritten ist die vollständige Umsetzung des Koalitionsvertrages aus dem Jahr 2021 aber durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Verzug!
kobinet-nachrichten: Behinderte Menschen und ihre Unterstützer*innen sind um den 5. Mai in vielen Städten und Gemeinden auf die Straße gegangen, um die Gleichstellung behinderter Menschen einzufordern. Wann können sie die Verabschiedung entsprechender Reformen für mehr Barrierefreiheit feiern?
Jens Beeck: Wir arbeiten täglich daran, Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens zu gewährleisten, insbesondere bei der Mobilität, beim Wohnen, im Gesundheitswesen und im digitalen Bereich. Wir befürworten beispielsweise die Einführung eines Europäischen Behindertenausweises. Im Zusammenhang mit einem Europäischen Dokument, das auch digital angeboten wird, sollte auch die digitale Ausgabe des Deutschen Schwerbehindertenausweises umgesetzt werden. Zudem sollte eine Umbenennung in Teilhabeausweis erfolgen. An diesen und vielen weiteren Projekten arbeiten wir kontinuierlich weiter. So investieren wir etwa bei der Bahn so stark wie noch nie, auch in Barrierefreiheit. Das ist richtig, auch wenn während der Bauzeit vieles zeitweise noch schwieriger wird.
kobinet-nachrichten: Viele Reformvorschläge stecken anscheinend in den Schubladen der Ministerien fest. Warum kommen die geplanten Vorhaben nicht voran, zumal nur noch gut ein Jahr Zeit für die Verabschiedung im Bundestag in dieser Legislaturperiode ist?
Jens Beeck: Die Krisensituationen und Diskussionen zum Haushalt erforderten bekanntlich Sparmaßnahmen in den Ministerien, wodurch viele Vorhaben abgebremst wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie zum Stillstand gekommen sind. Bis zum Ende der Wahlperiode arbeiten wir weiterhin daran, noch Punkte im Koalitionsvertrag im Bereich der Inklusion umzusetzen.
kobinet-nachrichten: Bei den Werkstätten für behinderte Menschen liegt einiges im Argen, werden in dieser Legislaturperiode noch entscheidende Maßnahmen für eine Reform der Werkstätten Systeme und für mehr Inklusion auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommen?
Jens Beeck: Aktuell arbeiten wir an einem zweiten Gesetzentwurf, der den Fokus auf die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) setzt und die Stärkung von Inklusionsunternehmen vorsieht. Persönlich setze ich mich besonders dafür ein, die Barrierefreiheit beim Personenbeförderungsgesetz voranzubringen, damit reibungslose Mobilitätsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen gegeben sind.