Schutz 0811

Kuchen mit fehlendem StückKassel / Berlin, 18. August 2024: Heute vor 18 Jahren, am 18. August 2006, ist nach jahrelangem Engagement das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft getreten. Doch in dem nun volljährigen Gesetz, das oft auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet wird, klaffen noch erhebliche Lücken, was den Schutz von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen angeht. Deshalb ist der heutige Geburtstag für das Bündnis AGG Reform Jetzt auch kein Grund zum Feiern, denn die im Koalitionsvertrag versprochene Reform des AGG lässt weiter auf sich warten und das FDP-geführte Bundesjustizministerium macht derzeit keinerlei Anstalten, das Versprechen umzusetzen. Deshalb wird der heutige 18. Geburtstag des AGG auch mit gemischten Gefühlen, aber mit der klaren Forderung, den Diskriminierungsschutz in Deutschland endlich zu verbessern, begangen. Denn gerade im Hinblick auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sollte sich die Regierung verstärkt auf die Seite der Diskriminierten stellen.

„Das AGG weist seit Inkrafttreten massive Schutzlücken auf, trotzdem fand in dieser Zeit keine umfassende Reform statt. Obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart, setzt die Regierung die Reform nicht um. Deutschlands rechtlicher Diskriminierungsschutz liegt weit unter dem Standard anderer europäischer Länder“, heißt es in einer Presseerklärung des Bündnis AGG Reform Jetzt, die am 15. August 2024 vom Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) verbreitet wurde.

„Am 18.08.2024 wird das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) volljährig, steckt aber nach wie vor in den Kinderschuhen. So wurden in 18 Jahren, in denen sich Deutschland gesellschaftlich verändert hat und es mehr Kenntnisse über Diskriminierung und Ausschlüsse gibt, die gesetzlichen Schutzlücken nicht geschlossen. Der Diskriminierungsschutz hält mit den gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt. Die Bundesregierung vereinbarte im Koalitionsvertrag erstmalig eine umfassende Reform“, heißt es weiter in der Presseinformation. .

„Die Bundesregierung zuckt seit drei Jahren mit den Schultern, trotz kontinuierlich steigender Diskriminierungszahlen und rechter Bedrohung. Dabei ist die Lage ernst: Bis in die Mitte der Gesellschaft hinein sind Menschen der Überzeugung, dass sie bestimmte Gruppen diskriminieren und ihnen ihr Existenzrecht absprechen dürfen. Dies widerspricht demokratischen Prinzipien und dem Grundrecht auf Nicht-Diskriminierung”, heißt es vonseiten des Bündnis AGG-Reform Jetzt! So verzeichnete die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in den letzten fünf Jahren eine Verdopplung der Beratungsanfragen zu Diskriminierung. Zivilgesellschaftliche Beratungsstellen berichten ebenfalls über einen kontinuierlichen Anstieg der Diskriminierungsfälle. Ohne den versprochenen Fortschritt im Diskriminierungsschutz werden Betroffene mit der erlebten Diskriminierung allein gelassen. Das AGG ist nicht wirksam, der Mangel an Schutz für Betroffene von Diskriminierung und die Hürden bei der Rechtsdurchsetzung werden kontinuierlich von Betroffenenorganisationen und Beratungsstellen kritisiert. Kollektive Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten für Antidiskriminierungsverbände, die Erweiterung der Diskriminierungsmerkmale sowie des Anwendungsbereichs gehören zu den zentralen 11 Forderungen des Bündnis AGG-Reform Jetzt!

“Wenn sich über 100 Organisationen aus unterschiedlichsten Bereichen, aus ganz Deutschland, auf 11 Forderungen für die AGG-Reform einigen können, dann ist es ein Armutszeugnis für Deutschland, wenn drei Koalitionsparteien keinen Konsens zustande bringen und der Mut für mehr Fortschritt fehlt. Diskriminierung ist kein ‘Nischenthema’, sondern betrifft einen Großteil der Gesellschaft.“, erklärte Rebecca Kronsteiner von der Berliner Fachstelle für Arbeitsmarkt und Antidiskriminierung und als Mitglied im Bündnis AGG-Reform Jetzt!.

Das Bündnis AGG Reform-Jetzt! ist ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss von über 120 Organisationen, die gemeinsam 11 Forderungen an eine AGG-Reform stellen.

Mehr Infos gibt’s unter: https://agg-reform.jetzt/

Vonseiten der LIGA Selbstvertretung wurde zum 18. Geburtstag des AGG betont, wie wichtig die von der Regierungskoalition versprochene Reform des AGG für behinderte Menschen ist. In dem Gesetz müssten konkrete Maßnahmen zur Barrierefreiheit bzw. angemessene Vorkehrungen verankert werden, denn hier sei die Diskriminierung enorm. Zusammen mit der Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes erwarten die Verbände von der Bundesregierung endlich konkretes und wirksames Handeln.