Berlin, 15. Oktober 2024: "Die Blockade von Gesetzesreformen für mehr Barrierefreiheit hat einen Namen: FDP". Diese inzwischen eindeutig gewachsene Erkenntnis vieler behinderter Menschen und ihrer Verbände greift kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul in seinem aktuellen Kommentar auf. "Seit Monaten gibt es ein Gezerre um die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verankerten behindertenpolitischen Maßnahmen. Heute vor fünf Wochen, am 10. September 2024, haben behinderte Menschen unter dem Motto "Versprochen ist versprochen" in Berlin für konkrete Regelungen zur Barrierefreiheit demonstriert. Und ebenfalls an diesem Abend gab es beim Jahresempfang des Bundesbehindertenbeauftragten der Bundesregierung ein Kanzlerwort, dass die versprochenen Reformen umgesetzt werden. Nur im Bundesjustizministerium und den anderen FDP-geführten Ministerien scheint der Sinn und Verstand, warum wir endlich konkrete Regelungen für Barrierefreiheit auch von privaten Anbietern von Dienstleistungen und Produkten dringend brauchen, nicht anzukommen. Deshalb ist klar: 'Die Blockade der Barrierefreiheit hat einen Namen: FDP'."
Kommentar von kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul
Es geht schon längst nicht mehr um Argumente, es geht nur noch darum, ob man die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen zur Barrierefreiheit will oder nicht. Und dass die FDP dies nicht will, das dürfte mittlerweile den Letzten klar geworden sein. Der Entwurf für den Referentenentwurf für die Reform des Behindertengleichstellungsgesetz für mehr Barrierefreiheit liegt schon seit Monaten in den Schubladen und hätte vor fünf Wochen zur Anhörung freigegeben werden können. Wenn da nicht die FDP mit ihren ständig neuen Fragen und Bedenken aus dem Justizministerium wären. Wenn da nicht das Finanzministerium und das Verkehrsministerium wäre. So gammelt der Entwurf des Gesetzes angesichts dieser Blockadepolitik der FDP-geführten Ministerien vor sich hin und droht vom Schimmel befallen zu werden. Denn die Zeit für Gesetzesreformen in dieser Legislaturperiode verrinnt unaufhaltsam.
Das Ärgerlichste dabei ist für viele, dass die FDP den Koalitionsvertrag mit unterzeichnet hat, aber wie mittlerweile deutlich wird, gar keinen Bock auf die Umsetzung der meisten behindertenpolitischen Maßnahmen hat. Dann hätte die FDP erst gar nicht zulassen dürfen, dass Sätze wie die folgenden in den Koalitionsvertrag kommen: „Wir wollen, dass Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität, … beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich, barrierefrei wird.“ Und „Dazu überarbeiten wir unter anderem das Behindertengleichstellungsgesetz und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.“ Denn so beschäftigen sie die Behindertenverbände und machen Hoffnungen, die sie gar nicht willens sind, umzusetzen. Das ist Verarschung pur.
Der Ärger, der angesichts dieser Verhinderungspolitik der FDP entstanden ist, ist mittlerweile unermesslich groß. Wie die FDP sich daraus retten will, sei ihr überlassen, aber in diesem Fall hat die Blockadepolitik in der Regierungskoalition einen eindeutigen Namen: FDP. Da greifen auch all die Sonntagsreden von Jens Beeck und anderen FDP-Politiker*innen nicht mehr. Die Praxis ist schlichtweg entlarvend. Der FDP ist der Schutz der Diskriminierer wichtiger als der Schutz der Diskriminierten. Und das belegt auch die Hinhaltetaktik in Sachen Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, die längst überfällig ist. Hier wurden schon mehrfach Versprechen gebrochen, Vorschläge des Bundesjustizministeriums vorzulegen, so dass einige Verbände schon gar nicht mehr an dieses Ministerium schreiben, das eigentlich für das Recht der Bürger*innen da sein sollte und nicht nur für die Interessen der FDP und die Unantastbarkeit der Wirtschaft.