Schutz 0811

Berlin, 21. November 2024: "Außer Spesen nichts gewesen", so fassen viele behinderte Menschen und ihre Verbände das Auf die lange Bank Schieben und die letztendliche Nichtumsetzung der meisten Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zur Behindertenpolitik zusammen. Die LIGA Selbstvertretung will die Abgeordneten des Deutschen Bundestags jedoch nicht so leicht aus ihrer Pflicht und in den nächsten Wahlkampf entlassen. Denn, wenn sie es fraktionsübergreifend wollten, könnten sie beispielsweise noch die längst überfällige Reform des Behindertengleichstellungsgesetz für mehr Barrierefreiheit beschließen. Nach all den Sonntagsreden über Inklusion und die Notwendigkeit von Barrierefreiheit während der letzten Jahre, sei dies nach Ansicht des Sprechers der LIGA Selbstvertretung ein Gebot des Anstands der Abgeordneten des Deutschen Bundestages der demokratischen Fraktionen. Deshalb hat sich die LIGA Selbstvertretung zuerst einmal an einige Mitglieder des Ausschuss für Arbeit und Soziales gewandt und diese aufgefort, einen beschleunigten Gesetzentwurf direkt von den beiden Fraktionen in den Bundestag einzubringen und Verbündete für die noch mögliche Abstimmung für die Reform des Behindertengleichstellungsgesetz zu suchen.

„Über die derzeitige Niedergeschlagenheit der Verbände und Behindertenbewegung angesichts dessen, was aus dieser Legislaturperiode behindertenpolitisch nicht gelungen ist, brauche ich Ihnen nichts erzählen – und auch nichts über den Vertrauensverlust für demokratisches Engagement in diesem Bereich, mit dem wir von der LIGA Selbstvertretung als Selbstvertretungsorganisation behinderter Menschen ringen müssen. ABER noch haben wir nicht aufgegeben, denn aus unserer Sicht wäre es noch möglich, dass der Entwurf für die Reform des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von Ende August 2024 direkt von den Fraktionen von SPD und Grünen in den Bundestag eingebracht und dieser dort noch schnell zur Abstimmung gestellt werden könnte“, schrieb Ottmar Miles-Paul von der LIGA Selbstvertretung an einige Abgeordnete des Deutschen Bundestages aus den Reihen der SPD und den Grünen.

„Auch wenn es nur geringe Aussichten geben sollte, dass ein von den Fraktionen eingebrachter Gesetzentwurf für die BGG Reform eine Zustimmung finden sollte, käme es immerhin zum Showdown und einem Bekenntnis, wer zu dem Thema wie steht. Und wir hätten noch die Möglichkeit, als Zivilgesellschaft hierzu Lobbyarbeit betreiben zu können. Und die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Vor allem, wenn wir auf den Prozess der Aufnahme des Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen im Grundgesetz schauen. Damals ist es auch in der Zielgeraden gelungen, dieses mit in die Reform des Grundgesetzes mit aufzunehmen“, heißt es weiter in der Mail von Ottmar Miles-Paul an die Abgeordneten des Bundestages.

Damit will die LIGA Selbstvertretung nicht automatisch in den Wahlkampfmodus übergehen, in dem vieles sicherlich wieder schön gefärbt wirbt und neue Versprechungen gemacht werden. Der Symbolpolitik und Sonntagsreden seien genug. Und noch seien die Bundestagsabgeordneten und die verbliebenen Minister*innen der Bundesregierung im Amt und sollten einfach nur ihren Job machen. Und dies am besten fraktionsübergreifend im Sinne der Sache. Denn jeder Tag, mit dem die Verpflichtung privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit weiterhin auf die lange Bank geschoben werde, bedeute neue Barrieren und ein weiterer Ausschluss bzw. Erschwernisse für die Teilhabe behinderter Menschen. Diejenigen, die also nichts täten stellten sich automatisch auf die Seite der Diskriminierer. Dies könne im Hinblick auf den demografischen Wandel doch niemand ernsthaft wollen. „Reißt euch endlich zusammen und macht einfach nur euren Job!“ So der Appell von Ottmar Miles-Paul.